AUS DEN VERKAUFSTELLEN DER DEUTSCHEN WERKSTÄTTEN
IN MÜNCHEN UND BERLIN.
Ist der Möbelenlwurf mehr Aufgabe des Archi-
tekten oder kommt er mehr dem Maler zu?
(Denn daß etwa der Schreiner sein Werk selbst
komponiere oder ersinne, haben wir uns anzu-
nehmen längst schon abgewöhnt.)
Übrigens ist die Arbeitsteilung zwischen Ent-
wurf und Handwerk alt — jedenfalls traditionell
alt, soweit es sich nicht um einen Durchschnitt
handwerklicher Leistung, sondern um Gesamt-
kompositionen handelt. Vom mittelalterlichen
Bildner — an Jörg Syrlin sei erinnert — bis zu
den Architekten der Klenze-Zeit führt eine
Linie dieser Arbeitsteilung.
Nicht auf die Überwindung letzterer kommt
es an. Wenn bekannte Richtungen moderner
Werkkunst die unbedingte Einheit des Entwer-
fenden und Ausführenden (womöglich am Möbel
bis zum letzten Griff) fordern und ihre Forde-
rung gern mit Hinweisen auf alte Zeiten argu-
mentieren, so sind sie falsch berichtet. Denn
das eigentliche Kunstwerk angewandter Kunst
ging niemals, auch bei größter Höhe handwerk-
licher Schulung, aus diesem allein hervor. Da-
gegen bestand jederzeit — ungefähr bis in die
Mitte des 19. Jahrhunderts — engste Fühlung
zwischen Künstler und Arbeiter. M. a. W.
(Beispiele dagegen bilden Ausnahmen) der
Künstler stieg aus dem Handwerk herauf, es
war ihm von Jugend vertraute Übung, während
er die „Theorie der Kunst", das Konstruktive,
das Perspektivische und alles andere, was etwa
eine „Hohe Schule" lehren kann, erhielt, wenn
er „Meister" werden wollte, wenn er den Hand-
werksapparat, ohne den es keinen alten Meister
gibt, in sich aufgenommen hatte. Es wäre müßig,
davon zu reden, daß der Weg heute umgekehrt
ist; es ist nicht müßig, immer wieder darauf hin-
zuweisen, daß einzig „handwerksgemäßes" Den-
ken innerhalb einer echten Werkkunst vorwärts
bringen kann.
Damit scheint sich die Antwort auf die ein-
gangs gestellte Frage von selbst zu ergeben.
Es wird gleichgültig sein, ob der Schöpfer einer
Zimmereinrichtung, einer Saalausstattung, einer
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IN MÜNCHEN UND BERLIN.
Ist der Möbelenlwurf mehr Aufgabe des Archi-
tekten oder kommt er mehr dem Maler zu?
(Denn daß etwa der Schreiner sein Werk selbst
komponiere oder ersinne, haben wir uns anzu-
nehmen längst schon abgewöhnt.)
Übrigens ist die Arbeitsteilung zwischen Ent-
wurf und Handwerk alt — jedenfalls traditionell
alt, soweit es sich nicht um einen Durchschnitt
handwerklicher Leistung, sondern um Gesamt-
kompositionen handelt. Vom mittelalterlichen
Bildner — an Jörg Syrlin sei erinnert — bis zu
den Architekten der Klenze-Zeit führt eine
Linie dieser Arbeitsteilung.
Nicht auf die Überwindung letzterer kommt
es an. Wenn bekannte Richtungen moderner
Werkkunst die unbedingte Einheit des Entwer-
fenden und Ausführenden (womöglich am Möbel
bis zum letzten Griff) fordern und ihre Forde-
rung gern mit Hinweisen auf alte Zeiten argu-
mentieren, so sind sie falsch berichtet. Denn
das eigentliche Kunstwerk angewandter Kunst
ging niemals, auch bei größter Höhe handwerk-
licher Schulung, aus diesem allein hervor. Da-
gegen bestand jederzeit — ungefähr bis in die
Mitte des 19. Jahrhunderts — engste Fühlung
zwischen Künstler und Arbeiter. M. a. W.
(Beispiele dagegen bilden Ausnahmen) der
Künstler stieg aus dem Handwerk herauf, es
war ihm von Jugend vertraute Übung, während
er die „Theorie der Kunst", das Konstruktive,
das Perspektivische und alles andere, was etwa
eine „Hohe Schule" lehren kann, erhielt, wenn
er „Meister" werden wollte, wenn er den Hand-
werksapparat, ohne den es keinen alten Meister
gibt, in sich aufgenommen hatte. Es wäre müßig,
davon zu reden, daß der Weg heute umgekehrt
ist; es ist nicht müßig, immer wieder darauf hin-
zuweisen, daß einzig „handwerksgemäßes" Den-
ken innerhalb einer echten Werkkunst vorwärts
bringen kann.
Damit scheint sich die Antwort auf die ein-
gangs gestellte Frage von selbst zu ergeben.
Es wird gleichgültig sein, ob der Schöpfer einer
Zimmereinrichtung, einer Saalausstattung, einer
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