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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 49.1921-1922

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25 Jahre "Deutsche Kunst und Dekoration"
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https://doi.org/10.11588/diglit.9142#0020

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Die „Deutsche Kunst und Dekoration" darf den Anspruch erheben, zum ersten Male
einwandfreie Qualität im Aufbau, Satsbild und Drude gezeigt und auf die Haltung der
deutschen Kunstzeitschriften günstig eingewirkt zu haben. Man braucht nur einmal ge-
wisse ausländische Kunstzeitschriften heranzuziehen und zu vergleichen, dann merkt man
sofort den grundlegenden Unterschied.

So ist man denn seinen Weg gegangen als Berater, immer selbst zu neuem Lernen
bereit und immer geführt von der Absicht, der Kunst zu dienen und sie zum Leben
in eine allseits fruchtbare Beziehung zu sefcen: zwischen Künstler und Publikum
zu vermitteln und möglichst vielen Menschen die Kunst zum „Erlebnis" zu machen.
Ich bemühte mich, zu wirken, wie etwa Georg Hirth in München gewirkt hat, d. h. redlich
beizutragen zur Erschließung der Kunst nach allen Seiten.

Die Kunst hat auch heute noch schwer zu kämpfen; leider nicht nur mit der all-
gemeinen Not der Zeit, sondern auch mit einer gewissen Lauheit, mit einer zu weit
getriebenen Sparsamkeit auf Seiten der öffentlichen Stellen. Meines Erachtens sollten
die Behörden gerade jeßt nicht kargen mit den Mitteln, die sie der Kunstpflege zur
Verfügung stellen. Daß die Luxussteuer kein Mittel zur Förderung der Kunst ist,
sondern das krasse Gegenteil, ist vielfach und laut gerügt worden. Ich möchte mich
diesen Rügen hier anschließen. Man muß bedenken, daß Kunst von alters her stets
in einer festen Beziehung zum Luxus stand, zum Aufwand der Höfe, der Kirche,
der Städte, der Besitjenden. In diese Beziehung darf man nicht ohne eine gewisse
Schonung hineingreifen, wenn man die Kunst nicht ins Mark treffen will. Wer sich
Kunstwerke anschafft, fördert die so wichtige geistige Wertproduktion
unsres Volkes. Diese Wertproduktion wird, soweit Kunst und Kunsthandwerk in
Frage kommen, in Zukunft noch mehr als bisher in der Richtung der Qualitäts-
produktion gehen müssen. Nur durch Qualitätsproduktion werden wir uns auf dem
Weltmarkt durchsetjen können, und da gerade die Qualitätsarbeit von der Luxussteuer
getroffen wird, kann diese weder vom künstlerischen noch vom wirtschaftlichen Stand-
punkt aus gutgeheißen werden.

Am wenigsten aber kann „Hemmung der Kunst" vom Standpunkt der nationalen
Geistespflege aus gebilligt werden. Die geistigen Güter sind immer die wert-
vollsten Güter eines Volkes. Aber für das deutsche Volk von heute gilt dies in
ganz besonderem Grade. Persönlichkeit, Charakter, Wert und Wertbewußtsein hat ein
Volk nur insofern, als es teilnimmt an der geistigen Werterzeugung der Menschheit.
Die äußeren Umstände, unter denen unser Dasein verläuft, sind heute so drückend, daß
die materiellen und engen Sorgen alles Geistige zu ersticken drohen. Damit wäre die
Axt an die Wurzel des deutschen Volksbewußtseins und Einheitsgefühls gelegt. Ich habe
das volle Vertrauen, daß unser Volk siegreich aus diesen Schwierigkeiten hervorgehen
wird. Aber dazu ist nötig, daß alle Geistmächte, aus denen dem Menschen sein
Wertgefühl kommt, sorglich gepflegt werden, insbesondere die guten Mächte
der Kunst! Sie werden uns hilfreich beistehen, wenn jeder Einzelne zu ihrer Er-
haltung und Stärkung nach seinen besten Kräften beiträgt. -

Darmstadt, im September 1921.

ALEXANDER KOCH.
 
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