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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 49.1921-1922

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Esswein, Hermann: Willi Geiger
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https://doi.org/10.11588/diglit.9142#0227

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Willi Geiger.

mehr, ist dünnflüssiges, gleißendes Gift, ist ge-
fährlich , zeigt oft ein bedrohliches Aufglitzern
von Wahnsinn. Die Pigmente scheinen nicht in
denherkömmlichenMalmitteln, sondern in irgend
einer bösen Essenz gelöst zu sein. Fleischtöne
im Erdreich, im Gestein, im Gemäuer einer
Landschaft, die dabei von Natur strotzt, das ist
Geigerisch. Willi Geiger, — das heißt: viel
bäuerlich gesundes Leben, das sich unbedacht,
dumpf - dionysischen Dranges voll durch alle
Mahlgänge der unheimlichen Knochen - Mühle
treiben ließ, die da modernes Leben heißt, und
das sich nun aus seinen Trümmern empor-
krampft, durchblutet und überronnen von bunten
Toxinen, viel zu leidig wirklich, viel zu tragisch
echt, um Stil zu sein, Paradigma einer mystischen
Wiedergeburt mit den nötigen Vernunftvorbe-
halten, sondern in all seiner immanenten, bis hart
an die Grenze vorstoßenden Schönheit, Ka-
tastrophe, Kampf, Weg ohne Ziel, Weg um des

Weges willen: Etwas Gemußtes mit einem
Wort, nichts Gewolltes; das ist heute die von
Grund aus neue Kunst dieses einst ehrenge-
achteten Stuckschülers und Stierkampf - Gra-
phikers! Wir können getrost zugeben, dies sei
Nervenkunst, sei dekadent, sei gebrochen. Die
Kunst ist nun einmal keine Anweisung durch
Einhaltung hygienischer Selbstschutz - Maß-
nahmen moralisch, pensions- und galeriefähig
und schließlich selig zu werden. Hier sind
wir im weitesten Abstandspunkt Geigers von
Weisgerbers faustisch strebender Gesundheit
und von Schwalbachs hymnisch rhapsodierender
Kränklichkeit zumal. Hier wird Geigers Malerei
zu einem ganz persönlichen Schicksal, zu einer
Angst für seine Freunde. Konjekturen über
ihre späterhin noch möglichen Wendungen ge-
hören an den Schluß.

Hier haben wir für die Ursprünglichkeit des
Geiger'schen Gestaltungstriebes noch seine

WILLI GEIGER. »GLOXINEN«
 
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