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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 49.1921-1922

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Tietze, Hans: Professor Jan Stursa
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https://doi.org/10.11588/diglit.9142#0231

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PROFESSOR JAN STURSA.

VON HANS TIKTZK.

Jan Stursa ist ein Schüler des Bildhauers Josef
V. Myslbeck. Während ich es niederschreibe
und mir den Weg in Erinnerung rufe, den dieser
ausgezeichnete Prager Künstler in seinem langen
Leben gegangen ist, wird es mir erst bewußt,
welch gewaltige Entwicklung die Bildnerei in
den zwei letzten Jahrzehnten seither genommen
hat. Es ist diese Entwicklung nicht das Werk
eines einzelnen gewesen, wenn sich auch die
stärksten und ersten Schritte auf den Franzosen
Maillol zurückführen lassen; eine ganze Gene-
ration von Künstlern baut an diesem einheit-
lichen Bilde und Jan Stursa ist für sein neues
engeres und für sein altes ausgedehnteres
Vaterland der beste Vorkämpfer dieser Gene-
ration gewesen. Trotz dieser internationalen

Gemeinsamkeit der Ziele ist seine Kunst boden-
ständig geblieben. In den frühen Werken,
Gartenskulpturen „Tag" und „Nacht" von einer
Villa in Prag, ist es fast ein Fortspinnen barocker
Motive, wie sie der temperamentvolle Eksta-
tiker Braun zu Beginn des 18. Jahrhunderts
auf der großartigen Terrasse in Kukus anschlug.
In den späteren aus der Silhouette gelösten und
in den Block gebändigten Skulpturen senkt sich
das Slavische in die süße Melancholie der Köpfe,
in das musikalische Wiegen und Schweben
dieser weichen Körper. Sie lächeln und haben
die Thränen nahe wie ein böhmisches Volks-
lied und nehmen sich doch nicht schwer. Sie
riechen noch nach Erde, auch wenn ihre Finger
noch so feinnervig sind. In diesen frischen

XXV. Janust 1922 . 3
 
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