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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 56.1925

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Ritter, Heinrich: Gemälde von August Renoir
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https://doi.org/10.11588/diglit.9179#0017

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JOSEF EBERZ-MÜNCHEN.

»AM NASCHMARKT—"WIEN «

GEMÄLDE VON AUGUST RENOIR.

Ohne besonderen Anlaß sind hier von der
köstlichen Fruchtschale des Renoir'sehen
Werkes einige Meisterstücke herausgegriffen
und dem Leser vor Augen geführt — eine Gabe
der ewigen Liebe, die aus aller echten Kunst
spricht und die die Menschen immer wieder mit
einer gewaltigen Freude überströmen will. Es
sind erst wenige Jahre her, seitdem dieser wun-
dervolle Greis von uns gegangen ist, nach einem
beispiellos erfüllten und gesegneten Leben.
Schon zu seinen Lebzeiten umgab ihn der be-
wundernde Dank eines ganzen Kulturkreises.
Den kommenden Geschlechtern — man kann
nicht wissen, wie weit die Welt noch vertrauern
und sich verdüstern wird — ist sein Werk hin-
terlassen als eine Lehre des Lebens und der
Kunst, soweit sie eine Verklärung der Welt, ein
Anbeten der Schönheit, ein unaufhörliches, be-
geistertes Mithelfen am Werk der Schöpfung ist.

Die guten Geister eines von Natur und Kul-
tur gesegneten Landes haben an Renoirs Wiege
gestanden. Limoges ist seine Heimat, berühmt
durch seine Porzellanindustrie, die dort schon

seit Jahrhunderten blüht und mit der Renoirs
künstlerische Anfänge eng verbunden sind: er
hat bekanntlich als Porzellanmaler begonnen.
Noch wesentlicher ist der Segen, der ihm von
Land und Abstammung ins Blut gegeben wurde:
dieses positive, gelöste, heitere Menschentum,
das seiner Beziehungen zur Umwelt sicher ist
und für das es zwischen dem Glück animalischen
Daseins und der geistigen Seite des Lebens
keinen wilden, gotischen Widerspruch gibt. Man
kann sich Renoir nur denken als Sohn eines
heiteren, nebelfreien Himmels und einer frohen,
glücklichen Erde. Man kann nichts andres
glauben, als daß die Sonne, die mit einer wun-
dervollen, klaren Wärme aus seiner Kunst leuch-
tet, auch über seinem Haus und Garten gestrahlt
haben muß. Eine alte Unterscheidung, die des
nordischen und des südlichen Menschen, taucht
dabei auf. Der heitere Himmel, die klare, be-
ständige Sonne erzeugen den durchaus gegen-
wärtigen, den mit der Umwelt in Frieden
lebenden Menschen. Der ungleiche, wech-
selnde Himmel des Nordens aber zieht den

XXVIII. April 1935. 1
 
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