Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 56.1925

DOI Artikel:
O. L.: Rudolf Levys Landschaften und Stilleben
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.9179#0095

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
RUDOLF LEWS LANDSCHAFTEN UND STILLEBEN.

Rudolf Levys Malerei hat ihre Wurzeln im
Impressionismus, d. h. in jenem noch fried-
lichen und genußreichen Zusammenleben des
Menschen mit den Dingen, aus dem soviel be-
hagliche Daseinsfreude, soviel feinster male-
rischer Reiz hervorgegangen sind. Als eine der
spätesten und edelsten Blüten dieser künstleri-
schen Weltanschauung erwuchs in Frankreich
die Malerei eines Henri Matisse. Da ist das Iater-
resse an der harten Dinglichkeit der Welt schon
stark verdünnt, dahat sich aller Raum schon zur
teppichhaften Fläche, aller Umriß schon zum
Ornament gedämpft und verfeinert. Diese Ma-
lerei hat nicht eigentlich Kraft und Tiefe, noch
weniger Männlichkeit! sie ringt nicht mit Din-
gen und Problemen, sie ist sanft und fast iro-
nisch. Der sinnliche Sachverhalt, die Form, die
Räume, werden nur ganz zart und flüchtig an-
gegeben: die Linie soll musizieren, die Farbe
soll von eigenem Leben klingen. Bei Matisse

sieht man Blumen leuchten, ohne daß die Linie
(die ja in aller Kunst den feststellenden Begriff
repräsentiert] ihre botanische Existenz be-
stimmt: reine, heitere, schwebende Vision, wo-
rin die besten Traditionen romanischer Kunst
wieder zum Vorschein kommen, die Fähigkeit
zum reinen Sehen, zum Auffangen des Duftes und
innerenLebenslichtes der Dinge. EsgibtBlumen-
stilleben von Odilon Redon, die man ohne wei-
teres neben die von Matisse stellen kann. Und
so bringt Matisse auch die Landschaft und die
menschliche Figur zu einer heiteren, spielenden
Freiheit. Überall ist sein Verfahren rein sen-
sualistisch, aber es gibt für ihn keine Erdschwere,
kein Lasten und Dunkeln: seine Art des Sehens
löst alle Knechtschaft und verwandelt die Welt
in einen zärtlichen, schimmernden Garten.

Durch die Schule dieser Kunstist Rudolf Levy
gegangen. Man begreift seinen Weg nur dann,
wenn man beherzigt, daß Matisse sein Lehrer

XXVIII. Mai 1925. 2
 
Annotationen