Zur Psychologie der Reklamekunst.
Wie kann nun die Reklame bei dieser ihr
innewohnenden Hemmungslosigkeit überhaupt
noch ein Bündnis mit der Kunst suchen wollen?
Würde sie nicht, um schön zu werden, an
Eindruckskraft verlieren, sich also selber auf-
heben? Und umgekehrt: müßte die Kunst, die
einer so beschaffenen Reklame behülflich sein
wollte, ihrer Würde nicht allzu viel vergeben?
Hörte sie damit nicht auf, Kunst zu sein? Wo
ist da noch der Weg, auf dem sich die beiden
Pole einander nähern könnten?
In der Tat: der Weg ist da. Und er ist heute
gangbarer denn je. Die Reklame ist kunst-
bedürftig geworden. (Wollte man boshaft
sein, so könnte man hinzufügen: auch die Kunst
ist reklamebedürftig geworden.)
Also die Reklame sucht heute die Kunst.
Wie konnte das Wunder geschehen? Will sie
etwa auf die größtmögliche Wirkung verzichten ?
Ist sie sich selber untreu geworden? Keines-
wegs ist sie das. Ihr Ziel ist das gleiche geblie-
ben und wird immer das gleiche bleiben. Aber
das Arsenal ihrer Mittel ist erschöpft. Ihre
Stimme hat nicht mehr die stattliche Fülle wie
früher. Sie hat sich einfach überschrieen.
Man gehe durch die Hauptverkehrsstraße
einer modernen Großstadt und versuche Herr
seiner fünf Sinne zu bleiben. Es ist kaum mög-
lich. Reklame von allen Seiten! Das lärmt und
tobt, das flackert und glitzert, daß man es schon
nach zehn Schritten aufgibt, sich aus diesem
andrängenden Jahrmarkt das möglicherweise
Beste herauszusuchen. Man panzert sich mit
der Elefantenhaut der Gleichgültigkeit und fühlt
mit Befriedigung alle Pfeile der Reklame an sich
abprallen. Diese gleicht dem Fiscbfänger im
Märchen, der sich's in den Kopf gesetzt hatte,
ein besonderer Pfiffikus zu sein und plötzlich
merkt, daß er ein Dummkopf war. Gewohnt,
immer nur in Superlativformen zu arbeiten, ist
die Reklame gleichmäßig schlecht geworden.
Ich betone: gleichmäßig schlecht! Das aber
heißt: im einzelnen wirkungslos!
So ist es. Und nun begibt sich das „Wunder-
bare". Die künstlerische Reklame, die, so-
lange die Nerven auf den lauten Ton noch rea-
gierten, unbeachtet geblieben war, — sie fällt
jetzt auf. Als Ausnahme von der Regel.
Ich erinnere mich eines kleinen Reiseerleb-
nisses, das mir wichtige Aufschlüsse über die
Wie kann nun die Reklame bei dieser ihr
innewohnenden Hemmungslosigkeit überhaupt
noch ein Bündnis mit der Kunst suchen wollen?
Würde sie nicht, um schön zu werden, an
Eindruckskraft verlieren, sich also selber auf-
heben? Und umgekehrt: müßte die Kunst, die
einer so beschaffenen Reklame behülflich sein
wollte, ihrer Würde nicht allzu viel vergeben?
Hörte sie damit nicht auf, Kunst zu sein? Wo
ist da noch der Weg, auf dem sich die beiden
Pole einander nähern könnten?
In der Tat: der Weg ist da. Und er ist heute
gangbarer denn je. Die Reklame ist kunst-
bedürftig geworden. (Wollte man boshaft
sein, so könnte man hinzufügen: auch die Kunst
ist reklamebedürftig geworden.)
Also die Reklame sucht heute die Kunst.
Wie konnte das Wunder geschehen? Will sie
etwa auf die größtmögliche Wirkung verzichten ?
Ist sie sich selber untreu geworden? Keines-
wegs ist sie das. Ihr Ziel ist das gleiche geblie-
ben und wird immer das gleiche bleiben. Aber
das Arsenal ihrer Mittel ist erschöpft. Ihre
Stimme hat nicht mehr die stattliche Fülle wie
früher. Sie hat sich einfach überschrieen.
Man gehe durch die Hauptverkehrsstraße
einer modernen Großstadt und versuche Herr
seiner fünf Sinne zu bleiben. Es ist kaum mög-
lich. Reklame von allen Seiten! Das lärmt und
tobt, das flackert und glitzert, daß man es schon
nach zehn Schritten aufgibt, sich aus diesem
andrängenden Jahrmarkt das möglicherweise
Beste herauszusuchen. Man panzert sich mit
der Elefantenhaut der Gleichgültigkeit und fühlt
mit Befriedigung alle Pfeile der Reklame an sich
abprallen. Diese gleicht dem Fiscbfänger im
Märchen, der sich's in den Kopf gesetzt hatte,
ein besonderer Pfiffikus zu sein und plötzlich
merkt, daß er ein Dummkopf war. Gewohnt,
immer nur in Superlativformen zu arbeiten, ist
die Reklame gleichmäßig schlecht geworden.
Ich betone: gleichmäßig schlecht! Das aber
heißt: im einzelnen wirkungslos!
So ist es. Und nun begibt sich das „Wunder-
bare". Die künstlerische Reklame, die, so-
lange die Nerven auf den lauten Ton noch rea-
gierten, unbeachtet geblieben war, — sie fällt
jetzt auf. Als Ausnahme von der Regel.
Ich erinnere mich eines kleinen Reiseerleb-
nisses, das mir wichtige Aufschlüsse über die