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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 56.1925

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Michel, Wilhelm: Malerei und Bühnenbild
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https://doi.org/10.11588/diglit.9179#0350

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Malerei und Bühnenbild.

seiner zeitbedingten, zeitgebundenen Ele-
mente: da wird Moliere so gestaltet, wie ihn
der Hof Ludwigs XIV. sah oder Shakespeare so,
wie ihn die „Gründlinge des Parketts" im Lobe-
Theater erlebten. Ja, beim gleichen Stück kann
der Bühnenbildner das Zeitliche entweder beto-
nen oder verleugnen, und auf beiden Wegen kön-
nen gute, starke Szenenbilder erzielt werden.

Was schließlich die Szenenformung nach der
subjektiv-künstlerischen Absicht der Regie an-
langt, so verhält sich bei ihr der Bühnenbildner
zum Gegenstand ähnlich wie die letzten Maler-
generationen zum Bildvorwurf: er ist ihm ein
„Vorwand zum Malen". Da wird etwa „Mac-
beth" ins Expressionistische herübergenommen,
oder es wird eine „Stilbühne" aufgebaut, oder
es wird ein bestimmtes Ornament in Linie oder
Farbe zum beherrschenden Motiv erhoben.

Heute aber steht, wie gesagt, die Szenen-
gestaltung samt der modernen Malerei an einem
Punkt, wo es gilt, gegenüber der Verflüch-
tigungstendenz an eine besonnene Wiederher-
stellung der Welt zu gehen. Die überzarte
Scheu vor dem Hereinragen bestimmter Raum-
und Dingvorstellungen, die gestern noch zahl-
reiche Regisseure beherrschte, hat sich über-

lebt. Wenn sie sich ästhetisch noch so fein
rechtfertigen mag, so ist sie doch ein Versagen
vor der Aufgabe, die Welt der Gestalten und
Räume zu ertragen, anzuerkennen und zu be-
herrschen. Und so geht auch das Bühnenbild
aus den „Kulissen der Seele" wieder einen
Weg zu objektiver Welt, eingedenk, daß die
Bretter der Bühne diese Welt zwar nicht sein,

aber immerhin bedeuten sollen......w. m.

*

Kunstwerke hängen, wie Blumen und Pflan-
zen, in ihren Farben und Formen von dem
Boden ab, auf dem sie gewachsen sind, der Luft,
die sie umgibt, der Landschaft, von deren Hin-
tergrund sie sich abheben. Die Arten des Ge-
steins, des Holzes, des Tons und der sonstigen
Baustoffe, die Eigenheiten des Klimas: die
Menge der Sonnenwärme, der Einfluß von Re-
gen und Trockenheit, — alles das gibt der Ent-
wicklung der charakteristischen Formen des
Kunstwerks ihr Gepräge, leitet den Künstler
unbewußt, gleichviel ob er in Stein, Leinwand
oder Holz arbeitet. Diese Formen entstehen
von selbst, ohne jede bewußte Einwirkung. So-
bald angefangen wird, bewußt zu stilisieren, geht
die Kunst ihrem Tode entgegen, g. lukomskij.

HERTA BUCHER- WIEN. »DURCHBROCHENE SCHALE«
 
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