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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 56.1925

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Schiebelhuth, Hans: Das Sujet als Aufgabe
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https://doi.org/10.11588/diglit.9179#0361

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Das Sujet als Aufgabe.

mehr ist. Gerade dieser aber liefert das
beste Beispiel dafür, wie ein Schaffen-
der der Gefahr der Artistik und der
Spielerei entgeht. Dieser Genius hat
die Fülle der Gesichte, hat das große
Wissen, irdische Schwierigkeiten kennt
sein Schaffen nicht, Fragen des Hand-
werks, der Behandlung, der Auffas-
sung löst er leichter als ein A-B-C-
Schütz die simpelste Rechenaufgabe,
seine ungemeine und versatile Natur
befähigt ihn auf verschiedenen Gebie-
ten. Aber selbst die allerflüchtigste
Skizze von der Hand des Buonarotti
beweist so gut wie sein ganzes Werk,
daß er es mit jeder Sache ernst nahm,
daß er immer mehr als das Könnerische
anstrebte, daß er ohne sich kraftmeie-
risch auszulassen, ohne mit seinen
Fähigkeiten zu jonglieren, ehrlich von
jedem Vorwurf als einem subjektiven,
d. h. michelangelesken Ausdrucksanlaß
besessen war. Und jeder Bericht über
sein Leben, jedes Zeugnis seines Den-
kens und Handelns sagt, wie er schier
übermenschlich mit jedem Vorwurf als
mit einer ihm wie von Gott zuerteilten
Aufgabe, wie mit einer schicksäligen
Verpflichtung rang. Und wo ist der
Schlüsselpunkt seines So-Handelns,
seines Erreichens und Vollbringens?
Darin, daßer jedenVorwurf als Auf-
gabe nahm. — Es wird nie endgültig er-
kannt werden, welcher von den beiden
im Schaffensakt des Bildners vermähl-
ten Impulsen, der Abbildetrieb oder der
Drang zur Selbstauslösung der einge-
bornen Kräfte der tiefere und entschei-
dende ist. Sicher ist, daß die Kräfte in
den Dienst gestellt werden müssen;
wichtig bleibt, daß das Sujet, sowohl als
Mittel wie auch als Ziel der Gestaltung,
Sinn und Wert haben muß. Das Selbst-
bekenntnis des ehrlichen Künstlers ist
so gültig wie sein rein zielstrebender
Wille auf die Su j etdarstellung. So bleibt
als fundamentale Wahrheit aus Ruskins
These bestehen, daß das Sujet nicht
zum lediglichen Demonstrationsobjekt
der Fähigkeit werden darf, und zu be-
wenden, daß das Sujet immer als Auf-
gabe betrachtet werden sollte. So wird
es der Wohlfahrt der Künstler, der
Kunst und der Welt dienen, und das
Schaffen wird den Drang zur tathaften
Hingabe, zur notwendigen Verantwor-
tung begreifen. . , hans schtebelhuth.

FRANZ von STUCK. KLEINPLASTIK »HELENA«

etwa HALBS oriu1na1.grüsse.

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XXTOL September 1925. 2
 
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