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Böker, Doris [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 31): Stadt Oldenburg (Oldenburg) — Braunschweig, 1993

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https://doi.org/10.11588/diglit.44439#0197
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Plan der Haupt- und Residenzstadt Oldenburg, Ausschnitt, 1901 (Stadtmuseum Oldenburg, KP 561)


relief des Dobbengeländes ein völlig neues
Bild ergab. Bereits während der Erdarbeiten
und der Anlage der Straßen, in die auch die
bestehenden Wege, Dobbenstraße und Rog-
gemannstraße, einbezogen wurden, entstan-
den die ersten Häuser: an der Bismarckstraße
1876, an Moltke- und Roonstraße 1877, an
der Lindenallee 1879, an der Cäcilienstraße
1880, für deren einseitige, den unverstellten
Blick auf die Wallanlagen gewährende westli-
che Bebauung die Bremer Contrescarpe als
Vorbild diente.
Als raumbildendes Element in der neuen
Stadterweiterung wurde der sich zur Altstadt
öffnende Cäcilienplatz in rechteckiger Form
angelegt und 1880/81 in Zusammenhang mit
dem Theaterneubau Schnitgers mit Bäumen,
Koniferen und Sträuchern bepflanzt. Die zu-
nächst erwogene Absicht, ihn als Bauplatz für
einen Rathausneubau zu nutzen, wurde fal-
lengelassen. 1891, während das Schnitger-
sche Theater nach dem Brand wieder aufge-
baut wurde, diente er als Standort des soge-
nannten Interimstheaters. Die den Cäcilien-
platz im Südwesten tangierende Roonstraße
übernahm, indem sie den Stadtgraben über-
querte, die Verbindung zwischen Altstadt und
dem Dobbenviertel. Die 1877 über einem
Kappengewölbe errichtete Brücke über den
Stadtgraben wurde 1983 in einer Stahl-/Be-
tonkonstruktion erneuert und erhielt ein
Stahlgeländer, in das die originalen, ur-
sprünglich dicht gereihten Gußeisenele-
mente, die einen genasten, von Weinranken

gefüllten Spitzbogen zeigen, integriert wur-
den.
Die rasch fortschreitende Bebauung des
Dobbenviertels, dessen westliche Grenze ur-
sprünglich die Lindenallee markierte, ließ in
den neunziger Jahren die Anlage weiterer
Straßen notwendig werden. Ein Konsortium,
bestehend aus den Unternehmern J. H. Bran-
des, K. Dinklage und Garnholz, verlängerte
1890/91 die Roonstraße von der Bismarck-
straße bis zur Herbartstraße (heute Hinden-
burgstr.). In Zusammenhang damit steht die
Bebauung von Park- und Teichstraße. Die
Anlage der Ratsherr-Schulze-Straße leitete
1897 der Holzhändler Wilhelm Hustede ein,
jedoch bliebsiezunächsteine Sackgasse, die
bis zu einem Wasserzug nördlich des Kaiser-
teichs reichte. An der Ostseite des Overbeck-
schen Teiches, der sich östlich an das Ever-
sten Holz anschloß, wurde 1896 die Tauben-
straße angelegt.
Für die Bebauung des Dobbengeländes
westlich der Lindenallee legte der Magistrat
1899 einen Bebauungsplan vor, der sich
durch leicht geschwungene Straßenführun-
gen und vielfache spitzwinkelige Kreuzungen
von der strengeren, die Rechtwinkeligkeit
hervorhebenden Struktur des östlichen Dob-
benviertels unterschieden hätte. Das Zen-
trum des Areals sollte innerhalb eines land-
schaftlich gestalteten Grünbereichs der ver-
kleinerte Kaiserteich bilden, während der
Wittschieben Teich überbaut werden sollte.

Dieser in der Folge häufig diskutierte und ab-
geänderte Plan bildete, auch wenn er nicht
realisiert wurde, die Grundlage für die Er-
schließung des westlichen Dobbengeländes
bis zum Rummelweg, das in den allgemeinen
Bebauungsplan der Stadt Oldenburg von
1900 einbezogen wurde.
Erste konkrete Schritte zu einer Erweiterung
des Dobbenviertels wurden anläßlich der
1905 veranstalteten Landes-, Industrie- und
Gewerbeausstellung (einschließlich einer
Nordwestdeutschen Ausstellung für Kunst
und Gewerbe) unternommen. Das nördlich
des Eversten Holzes gelegene Terrain, im
Besitz des Konsortiums Dinklage, Brandes
und Garnholz, wurde einschließlich des Pie-
perschen Teiches aufgeschüttet. Die von
Landschaftsgärtner Riemann und A. Rauch-
held, der für die Plazierung der 37 Gebäude
auf dem neun Hektar großen Gelände ver-
antwortlich war, konzipierte Ausstellung er-
fuhr nicht zuletzt wegen der wohl als wegwei-
send empfundenen Bauten von Peter Beh-
rens eine bedeutende Resonanz (Verkaufs-
pavillons der Löhner Zigarren- und Delmen-
horster Linoleum-Fabrik, Kunsthalle mit vor-
gelagertem Musikpavillon). Behrens schuf
stereometrische Baukörper, in denen er An-
regungen der Proto-Renaissance und ägypti-
sierende Baukörperformen in einer Weise
verarbeitete, welche die Nähe zur Architektur
der Wiener Sezession erkennen ließ.

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