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Böker, Doris [Editor]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 31): Stadt Oldenburg (Oldenburg) — Braunschweig, 1993

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https://doi.org/10.11588/diglit.44439#0211
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den Architekten, über einen umfassenden,
beliebig kombinierbaren Formenkanon zu
verfügen. Eine persönliche Handschrift des
Baumeisters ist daher kaum ablesbar. Im
Dobbenviertel häufig anzutreffen ist die Kom-
bination der geläufigen spätklassizistischen
bzw. renaissancistischen Formen mit Holz-
konstruktionen wie Schwebegiebeln, Hänge-
säulen und ornamental durchbrochenen
Schmuckbrettern als Giebelzier. Diese der
Fachwerkarchitektur entlehnten Elemente,
von deren Wiederbelebung man sich ebenso
wie durch den Rückgriff auf historische Stile
eine Erneuerung der Baukunst erhoffte, wur-
den gegen Ende des 19. Jh. vor allem in den
Dienst einer malerischen Wirkung des Wohn-
hausbaus gestellt.
Beispielhaft für die Variationsbreite der Fas-
sadengestaltung seien einige Häuser von C.
F. Spieske vorgestellt, der am Bauvolumen
der giebelständigen Häuser des Dobbenvier-
tels den größten Anteil hatte. Bei dem Haus
Bismarckstraße 26 (erb. 1887) korrespondie-
ren die rundbogigen Erdgeschoßfenster, die
am seitlichen Altan von Pilastern mit korinthi-
sierenden Kapitellen gerahmt werden, mit
dem halbkreisförmig geschnittenen Schwe-
begiebel und der gleichförmigen, abknicken-
den Verdachung der Obergeschoßfenster.
Ein wesentlich strengeres Erscheinungsbild
kennzeichnet dagegen Parkstraße 2 (erb.
1888), das u.a. durch die Wiederholung hori-
zontaler Linien hervorgerufen wird: beide Ge-
schosse, durch einen breiten Wandstreifen
zwischen Gurt- und Sohlbankgesims ge-
trennt, überzieht ein horizontaler Fugen-
schnitt. Weiter tragen zu dieser Wirkung die
horizontalen Fensterverdachungen im Erd-
geschoß sowie das kräftig profilierte Gebälk
als Abschluß der beiden mittleren, pilasterge-
rahmten Obergeschoßfenster bei. Auf Motive
des in Oldenburg selten anzutreffenden
„Castle style“ griff er bei dem Haus Park-
straße 8zurück (erb. 1891), die hier mit einem
Schwebegiebel eine eigenwillige Verbindung
eingehen.
Eines der am aufwendigsten und mit betont
malerischem Effekt konzipierten Gebäude
des Dobbenviertels wurde 1886 von H. Frü-
stück erbaut (Poggemannstr. 20). Es fällt be-
reits durch die Hinzufügung eines der Süd-
seite vorgelagerten, einachsigen Trakts und
eines sich diesem nach Westen anschließen-
den Wintergartens in Holzkonstruktion aus
dem üblichen Schema des giebelständigen
Hauses heraus. Plastische Details heben vor
allem den pilastergegliederten Altan und im
Drempelgeschoß das durch konrinthisie-
rende Säulchen unterteilte, rundbogige Dril-
lingsfenster mit kräftigem Bogenbegleitprofil
und Balusterbrüstung hervor. Bemerkens-
wert ist die auf Fuß- und Mittelpfetten ruhende
Schwebegiebelkonstruktion mit abschließen-
der Hängesäule, wobei die Zwickel zwischen
den Hölzern des Freigebindes mit von Ran-
kenwerk durchbrochenen Schmuckbrettern
gefüllt sind.
Einen Anklang ländlicher Architektur durch
das Motiv des auf Pfetten vorgezogenen Da-
ches mit abschließendem Krüppelwalm ver-

Roggemannstr. 20, Entwurfszeichnung, 1886



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