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Die braune Burgei.

denn der Drang meines Herzens erdrückt mich, wenn ich Nie-
manden habe, dem ich ihn zuwenden kann! ..."

So sprach sie zu mir und es tönte eine solche Seligkeit,
ein solcher Frieden aus ihrer Seele, daß ich dachte, es sei gut
so, wie es gekommen.

Und so werden denn Burgei und Mathies, wie mich dünkt,
in diesem Augenblicke in der Kirche dort Mann und Weib."

Damit hatte Mautingcr seine Mittheilung beendet.

Sie hatte ihn offenbar bewegt, denn er seufzte, als er
zu Ende war, und blickte ernst nachdenkend in die Gegend hinaus.

„Aber nun kehren wir zurück," sagte er, sich rasch erhebend
und in erzwungen gleichgiltigem Tone.

„Fürchten Sie nicht," fragte ich ihn, indem ich mich mit
ihm auf den Heimweg machte, „daß der wilde Bursche der
armen Burgci das Leben recht sauer machen werde?"

Mautinger sah mich an.

„Ich meine," erläuterte ich, „daß die Art, wie er mir
heute erschien, wenig Vertrauen in die Zukunft dieses Menschen
einzuflößen scheint!"

„Das war seit langer Zeit wieder zum ersten Male,"
sagte Mautinger, „daß Mathies zu viel getrunken hatte. Am
Hochzeitstage dürfen Sie das hier im Dorfe nicht übel nehmen."

Wir waren wieder in Heinrichsbad angelangt.

Nicht lange darauf trafen Burgei und Mathies ein.

Sie waren Mann und Weib.

Freundlich aber ernst trat sie am Arme ihres Mannes ein.

Dieser jauchzte beim Eintritte in die für sie bestimmte
Feststube laut auf.

Hinter ihnen kamen ein zweiter Bursche und eine hübsche
junge Dirne.

Das waren die Hochzeitsgäste.

Man setzte sich und sprach dem Bier und Schnaps wacker
zu. Bald wurden die Köpfe des männlichen Thciles der Ge-
sellschaft erhitzt.

Mathies fing mit seinem Gaste zu streiten an.

Nicht lange, so faßte er ihn auch schon an der Brust.

Burgci ward bleich bis in die Lippen.

Mathies warf einen Blick nach ihr hin.

Sogleich ließ er seinen Gast los, und jubelnd leuchteten
Burgei's Augen, die sich schon mit Thränen füllen wollten.

Ohne weitere Störung ging nun der Hochzeitsschmaus vor
I sich. Am späten Abend erst traten die beiden Paare den Heim-
weg an. Lange noch hörte man von weit her das Jauchzen
des jungen Gatten. —•

Am frühen Morgen darauf reiste ich, wie ich es längst
j vorherbestimmt hatte, von Heinrichsbad ab, nicht ohne vorher
| von Mautinger herzlichen Abschied zu nehmen, denn der Mann
| hatte im wahren Sinne meine freundschaftliche Sympathie erweckt.

Im folgenden Jahre war ich verhindert, Heinrichsbad,
wo cs mir so wohl gefiel, wieder zu besuchen.

Erst ein Jahr später eröffnete sich meinem Wunsche, in
dem liebgewordcnen Moorthale wieder einige Monate verleben
^ zu können, sichere Aussicht.

Mein Erstes war, Freund Mautinger davon zu verständigen

und ihn rechtzeitig zu ersuchen, mir ein hübsches Zimmer in
seinem Hause bereit zu halten.

Dabei konnte ich in meinem Briefe an ihn nicht unter-
lassen, mich nach dem interessanten Paare zu erkundigen, dessen
Hochzeit ich mit erlebt und dessen Geschichte ich bisher erzählte.

In wenigen Tagen schon bekam ich von Mautinger eine
Erwiderung.

Er drückte seine ungeheuchclte Freude über meine bevor-
stehende Ankunft aus und zeigte mir an, daß Alles bereit sei,
um mich behaglich in seinem Hause cinzurichten, in dem es
nun weit wohnlicher sei, und in dem ein weit sorgloserer und
milder Geist walte, als zur Zeit, da ich das erste Mal in
Heinrichsbad wohnte. Das Warum werde mir hoffentlich später
genügend aufgeklärt und enthüllt werden.

Das Paar aber betreffend, nach dem ich mich angelegent-
lich erkundigt hatte, theilte mir Mautinger in dem Briese dessen
weitere Geschichte wie folgt mit:

Ich muß Ihnen offen gestehen, beginnt der an mich ge-
richtete Brief, daß mir an jenem Tage, welcher Burgei und
Mathies für's ganze Leben verband, um Beide recht bange war.
Obgleich ich Ihnen gegenüber darüber die beste Hoffnung aus-
sprach, sagte mir doch eine unbegreifliche düstere Ahnung, der
Bund des Paares werde nicht zum Guten ausschlagen.

Aengstlich beobachtete ich die Vermählten, ich sage ängstlich,
denn ich kann es nicht leugnen, daß mich Burgei in einer mir
uncrklärbaren Weise anzog.

Aber nach Monaten überzeugte ich mich, daß meine dunklen I
Befürchtungen in's Reich unklarer Phantasieen gehörten.

Burgei und Mathies lebten in seltener Eintracht.

Kein unangenehmer Auftritt kam jemals zwischen ihnen
vor. Mathies war wie verwandelt. Er trank die ganze Woche !
kein anderes Getränk als Wasser, nur Sonntags erlaubte er
sich eine bescheidene Ausnahme.

Da er bald wieder das Vertrauen der Dorfbewohner ge-
wann, besserte sich auch sein Erwerb, und so klein auch der Er-
trag der Thätigkeit Beider war, so wußte man doch, daß die
Eheleute — Ersparnisse hatten.

Burgei trug den Ausdruck ihres Glückes in ihren Zügen
und sie fing an, durch ihr gesundes kräftiges Aussehen die Blicke
selbst Jener auf sich zu ziehen, welche sonst für Burgei niemals
ein Auge gehabt hatten.

Mathies war stolz auf sein Weib.

An Sonntagen stachen sie bald, wo sie erschienen, vor-
theilhaft hervor, denn auch Mathies war kräftiger und schöner
geworden und manche Dorfbewohnerin beneidete im Stillen die
glückliche Burgei.

Mit einem Worte, der Himmel lächelte heiter über die
beiden Eheleute.

Aber schon zog an ihm eine drohende Wolke herauf.

Eines Tages auf einem schmalen Fußsteige, wo man nur
auswcichen konnte, wenn man rechts oder links in üppig empor-
wuchernde Felder steigen wollte, begegnete Mathies feiner ehe-
maligen Geliebten, der „brennenden Toni," die, wie Sie sich
erinnern werden, den Fleischer Hannes geheirathet hatte.
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