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Die Beiden hatten einander seit mehr als einem Jahr, wo
1*e konnten, gemieden, sich aber auch dann, wann dieß nicht
nie einen Blick zugeworfen,

Dießmal war die Begegnung unvermeidlich,

Mathics trat zur Seite, um Toni vorübergehcn zu lassen
unk sah dabei zu Boden. Toni aber ging nicht vorüber, sie
blieb vor Mathies — stehen.

Als dieser das merkte, sah er erstaunt nach dem jungen Weibe.
Wie hatte sich dieses verändert! Wo war die Frische dieser
Wangen, wo der schmachtende Glanz dieser Augen hingekommen,
wo der üppige Bau der geschmeidigen Glieder?

Da sah er ein abgehärmtes, bleiches Gesicht vor sich und
wattglänzende Augen blickten ihn traurig an.

Das ist doch nicht wirklich die „brennende Toni?" fragte
Mathies, der sie von Ferne an ihrem Gange erkannt
haben wollte.

„Toni?" sagte er leise und zweifelnd.

„Ja, ich bin es!" erwiderte das junge Weib. „Nicht
'"ahr, ich habe mich sehr verändert?"

„O nein," entschuldigte sich Mathies. „Wir haben uns
"ar so lange nicht gesehen, und dann ... ich war, offen ge-
sagt, so überrascht. . ."

„Du willst mir's nicht sagen," entgegnete Toni. „Aber
wein Spiegel sagt mir's täglich, daß ich nicht mehr dieselbe
k'K ..." Sie that einen tiefen Seufzer und senkte den Blick.

Dann erhob sie ihr Auge wieder, und mit einem feurigen
^ufflackcrn desselben blickte sie in Mathies' Gesicht.

Dieser war in sichtlicher Verlegenheit.

„Hast Du mir verziehen?" fragte ihn Toni Plötzlich in
iahendem Tone und faßte dabei seine Hand, welche er ihr zu
^atziehen nicht das Herz hatte.

„Ja, ich habe Dir verziehen!" erwiderte Matthies ruhig.
„Bist Du glücklich mit Burgei?" wendete Toni sich ncuer-
wgs an ihn, ohne seine Hand loszulassen.

Es war ihm, als hätte er seine Hand in einer Flamme,
heiß brannten Toni's Finger.

Ein unheimliches Gefühl beschlich ihn. Er wollte sich
machen, aber fest umklammerten Toni's Finger die seinen.

„Bist Du glücklich? Sei mir gegenüber offen!" drängte
'hn auf's Neue und dießmal heftiger als früher.

„Ja, ich bin glücklich," erwiderte er endlich, „denn Burgei
1,1 ein Engel."

Wie plötzlich krampfhaft durchzuckt öffneten sich hier Toni's
"wger und Mathies fühlte seine Hand frei.

. Aus der Brust des jungen Weibes aber entrang sich ein
^er, schmerzlicher Seufzer.

^ „Bist auch Du glücklich?" fragte sie hierauf Mathies,
r bon Mitleid für seine ehemalige Geliebte ergriffen war.

. „Ach, ich bin schrecklich unglücklich!" schrie das junge Weib
und warf sich dabei laut schluchzend an die Brust des

überraschten.

„Beruhige Dich, Toni!" suchte Mathies sie zu trösten.
Aber der Schmerz, der in diesem Weibe lebte, war ein-

^usgebrochen, und mußte nun austoben.

Lange lag Toni in den Armen ihres früheren Geliebten,
bis sie der Vorstellung desselben, sie könnten ja doch bemerkt
werden, Gehör schenkte. Sie richtete sich auf und wischte sich
die Augen mit der Schürze.

„Was macht Dich so unglücklich?" fragte Mathies theil-
nehmend.

„Ach, Tu weißt nicht, was ich für eine schlechte Wahl
getroffen!" erwiderte sie in großer Aufregung. „Mein Mann
ist ein roher Mensch! . . Er behandelt mich wie eine schlechte
Magd, ... er schlägt mich! ..."

„Er schlägt Dich!" rief Mathies empört aus, und seine
Augen blitzten. „Der Hund! Verlaß' Dich darauf, Toni, das
will ich ihm vertreiben ..."

„Ich bitte Dich, Mathies, mische Dich nicht drein!" bat
Toni erschreckt, welche des jungen Mannes Erbitterung über das
Vernommene erkannt haben mochte.

„Ich bitte Dich, recht innig bitte ich Dich!" wiederholte sic.

Er erwiderte nichts, sondern reichte ihr die Hand.

Sie drückte diese stumm, und so schieden die Beiden von
einander.

Als Mathies nach Hause kam, erzählte er Burgei getreu-
lich und bis in die kleinsten Details, was sich soeben zwischen
ihm und der Toni begeben, wobei er erklärte, er habe Anfangs
wirklich die Absicht gehabt, den Mann des unglücklichen Weibes
wegen seiner Rohheit zu züchtigen, er sehe aber ein, Toni habe
Recht, er habe sich nicht drein zu mischen.

(Fortsetzung folgt.)

16*
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die braune Burgei"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Watter, Joseph
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Mann <Motiv>
Gespräch
Weinen <Motiv>
Ehemann
Unglück
Karikatur
Misshandelte Frau <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 54.1871, Nr. 1344, S. 123
 
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