Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Ein Vergnügungszügl

*^r bagegen die beruhigende Versicherung: „Erst das Geschäft
und dann das Vergnügen."

Während das Gespräch zwischen den beiden Freundinnen
un besten Zuge war, trat eine Bekannte zu ihnen und erzählte
arglos, wie sie soeben ihrem Manne eine Fahrkarte für den
Stuttgarter Vergnügungszug gekauft und sich freue, daß er
bleich gute Freunde als Reisegenossen habe! „Welche Freunde?"
fragte Frau Gempel. „Na, Eure Männer!" lautete die Ant-
wort. „Mein Mann!" ertönte es zugleich aus beider Frauen
Mund. Frau Gempel sagte kein Wort, hob den gewichtigen
Marktkorb auf und eilte schnurstracks heim. Frau Rupp, schlauer
und in der Männer Tücken erfahrener als Wiuterabonnentiu
kiner Leihbibliothek, plauderte noch ein wenig mit der Bekannten
8anz harmlos, während es in ihrer wuchtigen Brust kochte.
Alsbald sie sich aber losgemacht von der Redseligen, schritt sie
an die Straßenecke, las das Plakat und begab sich sodann in
einen Hausdnrchgang, wo sie ein Geschäft vornahm, bei dem
sie keine Zeugen brauchen konnte, sie zählte nämlich heimlich die
Paarschaft, die sie gerade noch im Besitze hatte. Schnell war
der Entschluß gefaßt und sogleich ausgeführt.

Meister Rupp nahm Nachmittags zärtlich Abschied von den
Bindern und der Frau, die sich's nicht nehmen ließ, ihm auf
den Bahnhof das Geleite zu geben, trotzdem er bat, die Theure
solle sich nicht wegen dieses Katzensprunges von etlichen Stunden,
den er da in die Pfalz mache, unnöthig ermüden. Meister Rupp
suhr ab mit der Ostbahn, stieg aber auf der nächsten Station
aus und fuhr wieder zurück. Vor dem Abgänge des Stuttgarter
Pergnügungsznges fand er im Wartsaale richtig seinen Freund
Gempel. Der erzählte ihm nun, zu Hause bei ihm habe es
etwas abgesetzt, seine Frau habe durchaus mitgewollt und ihm
den Sonntagsrock eingesperrt, weil er sich geweigert, und wollte
ihn nur hergeben, wenn er nicht allein fahre. Sein Schneider
hatte ihm nun aus der Verlegenheit geholfen und er habe es
uicht für nöthig gehalten, seiner Frau seine oberherrliche Ent-
schließung, ohne sie den Vergnügungszug mitzumachen, mitzu-
theilen. Rupp beichtete dem Freunde den Abstecher nach der
Pfalz und empfing dessen Lob ob des schlau ersonnenen und
glücklich durchgesührten Planes. Gempel rühmte sich des Sieges
über den Eigensinn seiner Frau, denn wenn sie fahren wolle,
iönue sie sich um etliche Sechser von einem Fiaker herumkutschiren
lassen, und sang vergnügt: „Jetzt gang i an's Brünnele re.";
Pupp hoffte fröhliche Tage für Stuttgart, unbewacht von den
Ärgusaugen einer überzärtlichen Gattin.

„Nichts ist so fein gesponnen, es kommt noch an die
Sonnen." Als der große VergnügungHzug in Nördling'en ein-
U-ff. dämmerte der Tag; Alles eilte zum Büffet, um sich eine
Passe Kaffee zu erobern. Auch Gempel und Rupp schritten dem
^artsaale zu, da erfaßte den letzteren panischer Schrecken: —
P°r ihm stand, wohl ausgerüstet mit Reisesack und En-tout-cas,
d>e liebende Gattin und rief, wiewohl nicht ganz in schmelzen-
dem Tone: „Georg!" Er aber, das Unglaubliche schwer fassend,
^agte in der stumpfen Schoßweise Hans Miiller's, Meistersänger
und Schlossermeister in Straßburg: „Rosine, was willst Tu?"
Und sie versetzte, schalkhaft lächelnd mit dem rosigen Munde:

(er ohne Vergnügen. 131)

„Ich will Dir schwäbisches Holz einkaufen helfen!" Wie Herr
Gempel sich ohne Gemahlin in Stuttgart während der Pfingst-
feiertage amüsirt hat, davon schweigt die Geschichte, Meister
Rupp trug sein Kreuz mit aller Geduld.

Prosit.

„Was es doch gibt for höfliche Leit, das sollten Se gar
nich globen. Komm' ich neilich gereist nach Danzig und wie
ich gegen Morgen nich kann schlafen, steck' ich den Kopp zum
Fenster 'raus und fang' an zu niesen; ich sog' Ihnen, ich bin
noch nich fertig mit das Niesen, läßt der Herr Condoctehr hal-
ten, springt 'runter vom Bock und ruft mer zu: Praust!"*)

*) Praust: letzte kleine Station vor Danzig.

18
Image description

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Ein Vergnügungszügler ohne Vergnügen" "Prosit"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Mann <Motiv>
Wortspiel
Schaffner
Juden
Niesen <Physiologie>
Ehefrau <Motiv>
Danzig
Pruszcz Gdański
Gespräch <Motiv>
Eisenbahn
Karikatur
Ehekonflikt
Eisenbahnreise
Frau <Motiv>
Ehemann <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 54.1871, Nr. 1346, S. 139

Beziehungen

Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg
 
Annotationen