24 ' Deutſchlands Kunſtſchätze.
daſſelbe zu begreifen ſtrebte, deſto verwirrter wurde er. Potterus aber ward ziemlich beſorgt für
ſeinen Freund.
„Es ſind Lügen, Erasmus!“ rief Trombona eines Tages wild. „Du täuſcheſt mich. Dieſe
mit Perlen prangenden Muſcheln haben die Taucher aus der Tiefe des Meeres geholt; ſie beſaßen
bereits die Perlen ... Und doch ... ich ſehe, die Lücke für die Perlen haſt Du gebohrt ... Eras-
mus, ſage mir die volle Wahrheit, oder ich werde wahnſinnig ... Haſt Du Lüge oder Wahrheit?“
„Wahrheit!“ rief Erasmus; „dort in meinem Eiſenkaſten liegen die Recepte für das Teich-
waſſer, für die Behandlung der Thiere, für mein ganzes Verfahren, deſſen Reſultat Du kennſt!
Aber“, ſetzte er zögernd hinzu, „noch biſt Du nicht beſonnen, nicht kaltblütig genug, als daß ich Dir
das Geheimniß enthüllen könnte!“
Trombona ſchwieg düſter und ging ſehr bald fort. An dieſem Abende war ein furchtbares
Regenwetter. Trombona wußte, daß der Chemiker verſprochen hatte, eine arme Kranke, über den
alten Deich hinaus wohnend, zu beſuchen. Er hielt ſtets ein ſolches Wort. Gaetano beſann ſich,
dann ließ er einen ſeiner Corſicaner zu ſich kommen.
„Baſtelica! Kennſt Du den Potterus?“
Der Corſicaner ſah erſtaunt auf.
„Nimm dieſen guten Dolch und triffſt Du ihn auf dem Wege von der Warmoen-Straat bis
zum alten Deiche, ſo ſtoß ihn nieder. Hier ſind hundert Gülden!“
Baſtelica ſchüttelte zwar den Kopf, aber er nahm Waffe und Geld und ging in das Wetter
hinaus. Trombona öffnete die Fenſter ſammt der Hausthür und horchte. Eine halbe Stunde ver-
ging in ängſtlicher Weiſe. Da kam eine in einen Mantel gehüllte, triefende, ſchwankende Geſtalt
daher, die eine Hand weit vorgeſtreckt, als ſähe ſie nicht mehr, und ſtürzte in des Italieners Gemach.
Es war Erasmus, der zu Füßen ſeines verrätheriſchen Freundes niederſank, noch einen Blick auf
ihn richtete und, indeß er vergebens zu ſprechen verſuchte, ſtarb.
Trombona nahm die Schlüſſel, welche der Chemiker unter ſeinem Marderpelze 4 und
eilte nach deſſen Wohnung. Er rührte das Gold nicht an; nur das Geheimniß — das Geheimniß
wollte er finden. Er ſah ein Papierpaket, mit der Aufſchrift: „Perlen“
O Schrecken! Es war in Chiffern geſchrieben, die der Mörder nicht kannte, nicht zu löſen
vermochte, deren Schlüſſel im Haupte des Meiſters begraben lag.
Gaetano ging, den Tod im Herzen, nach ſeiner eigenen Wohnung zurück, brachte die Leiche des
Chemikers nach der Apotheke, rührte kein Goldſtück, keine Perle an, und verſchwand mit feinen Cor-
ſicanern noch in derſelben Nacht.
Von Smhrna aus kam ſein Brief an den Magiſtrat von Amſterdam, welcher dieſe eben ſo
eigenthümliche als düſtere Geſchichte enthüllte.
daſſelbe zu begreifen ſtrebte, deſto verwirrter wurde er. Potterus aber ward ziemlich beſorgt für
ſeinen Freund.
„Es ſind Lügen, Erasmus!“ rief Trombona eines Tages wild. „Du täuſcheſt mich. Dieſe
mit Perlen prangenden Muſcheln haben die Taucher aus der Tiefe des Meeres geholt; ſie beſaßen
bereits die Perlen ... Und doch ... ich ſehe, die Lücke für die Perlen haſt Du gebohrt ... Eras-
mus, ſage mir die volle Wahrheit, oder ich werde wahnſinnig ... Haſt Du Lüge oder Wahrheit?“
„Wahrheit!“ rief Erasmus; „dort in meinem Eiſenkaſten liegen die Recepte für das Teich-
waſſer, für die Behandlung der Thiere, für mein ganzes Verfahren, deſſen Reſultat Du kennſt!
Aber“, ſetzte er zögernd hinzu, „noch biſt Du nicht beſonnen, nicht kaltblütig genug, als daß ich Dir
das Geheimniß enthüllen könnte!“
Trombona ſchwieg düſter und ging ſehr bald fort. An dieſem Abende war ein furchtbares
Regenwetter. Trombona wußte, daß der Chemiker verſprochen hatte, eine arme Kranke, über den
alten Deich hinaus wohnend, zu beſuchen. Er hielt ſtets ein ſolches Wort. Gaetano beſann ſich,
dann ließ er einen ſeiner Corſicaner zu ſich kommen.
„Baſtelica! Kennſt Du den Potterus?“
Der Corſicaner ſah erſtaunt auf.
„Nimm dieſen guten Dolch und triffſt Du ihn auf dem Wege von der Warmoen-Straat bis
zum alten Deiche, ſo ſtoß ihn nieder. Hier ſind hundert Gülden!“
Baſtelica ſchüttelte zwar den Kopf, aber er nahm Waffe und Geld und ging in das Wetter
hinaus. Trombona öffnete die Fenſter ſammt der Hausthür und horchte. Eine halbe Stunde ver-
ging in ängſtlicher Weiſe. Da kam eine in einen Mantel gehüllte, triefende, ſchwankende Geſtalt
daher, die eine Hand weit vorgeſtreckt, als ſähe ſie nicht mehr, und ſtürzte in des Italieners Gemach.
Es war Erasmus, der zu Füßen ſeines verrätheriſchen Freundes niederſank, noch einen Blick auf
ihn richtete und, indeß er vergebens zu ſprechen verſuchte, ſtarb.
Trombona nahm die Schlüſſel, welche der Chemiker unter ſeinem Marderpelze 4 und
eilte nach deſſen Wohnung. Er rührte das Gold nicht an; nur das Geheimniß — das Geheimniß
wollte er finden. Er ſah ein Papierpaket, mit der Aufſchrift: „Perlen“
O Schrecken! Es war in Chiffern geſchrieben, die der Mörder nicht kannte, nicht zu löſen
vermochte, deren Schlüſſel im Haupte des Meiſters begraben lag.
Gaetano ging, den Tod im Herzen, nach ſeiner eigenen Wohnung zurück, brachte die Leiche des
Chemikers nach der Apotheke, rührte kein Goldſtück, keine Perle an, und verſchwand mit feinen Cor-
ſicanern noch in derſelben Nacht.
Von Smhrna aus kam ſein Brief an den Magiſtrat von Amſterdam, welcher dieſe eben ſo
eigenthümliche als düſtere Geſchichte enthüllte.