60 Dentſchlands Kunſtſchätze.
blitzenden Blicke betrachtend; „dieſes geht mir dennoch über den Scherz hinaus Ich fürchte
wahrlich — gerade heraus — für Euren Berfiand .. .“
„Ach ja“, ſeufzte Slyker, an ſeine Stirn faſſend, „Ihr habt ſehr Recht! Sagt nur, ich bin
wahnſinnig — aber dieſe Obſtruction in meinem Kopfe iſt aus einer der erhabenſten Leiden-
ſchaften hervorgegangen . . .“
„Geht, geht doch! Träfe Euch Leuwenbroek, ſo könnte ſich eine unangenehme Scene für
Euch ereignen!“ ſagte Hendrik, welcher das Käſtchen, das ihm der Rathsmann geſchickt in den
Arm gelegt hatte, vergebens wieder zurückzugeben verſuchte.
„Mag der Baron kommen!“ rief Slyker jetzt beinahe mit lauter Stimme. „Ich weiche
nicht, bevor ich ein Wort des Troſtes von der ſchönſten Dame Amſterdams empfangen habel
Gern will ich für Elizabeth der Gefahr trotzen, von Eurem Schwager hier ermordet zu werden!
„Gijsbert Leuwenbroek“, ſagte Hendrik, allmählich aufgebracht werdend, „wird Euch,
Mynheer, nicht ermorden, ſondern von ſeinen Dienern durchprügeln laſſen. — Geht, oder ich
ſelbſt werde Euch in Abweſenheit des Hausherrn für Eure Unverſchämtheit züchtigen. Wie?
Soll eine geachtete, tugendhafte Dame, die Gemahlin eines angeſehenen Edelmannes, durch die
Narrheit eines alten Tropfes in Gefahr kommen, den tadelloſen Glanz ihres Rufs einzubüßen?“
Slyker war durchaus nicht aufgebracht, wie man es hätte erwarten ſollen. Er zeigte eine
große Niedergeſchlagenheit.
„Urtheilt von meinen Empfindungen“, ſagte er mit tragikomiſchem Pathos, „wenn ich Euch
nochmals inſtändig bitte, mir nur auf zehn Minuten mit der Baroneſſe Leuwenbroek ein Geſpräch
unter vier Augen zu vermitteln. Ihr könnt Eurerſeits von einem Millionair, wie ich bin, einigen
Nutzen für Eure Gefälligkeit erwarten. Fordert und ich bin bereit, Euch zu dienen . . .“
„Noch ein Wort“, unterbrach ihn Hendrik mit Eiſeskälte, „und Ihr erhaltet Ohrfeigen.
Die Achtung vor Eurer Stellung bewegt mich, Euch dieſes zuvor anzuzeigen; Ihr hättet Eure
Belohnung ſonſt ſchon empfangen“
„Und Ihr, mein Herr“, ſagte Slyker, ſich ſtolz aufrichtend und die Hand an ſeinen Degen
mit einem ſchön geflochtenen goldenen Korbe legend, „und Ihr hättet, wäre ich nicht in Eure
Schweſter verliebt und hätte ich nicht auf Euch und Eure Vermittelung meine Hoffnung geſetzt,
ſchon das Vergnügen gehabt, nach Eurer erſten Beleidigung gegen mich niedergeſtoßen zu werden.“
Eine Pauſe trat ein. Hendrik ſchien nicht mehr zu wiſſen, was er dieſem Manne gegen-
über ſagen ſollte.
„So aber“, fuhr Slyker fort, „bitte ich Euch nochmals. Nehmt dieſes Käſtchen, gebt es
Eurer Schweſter, klagt ihr meine Leiden; vergeßt ſogar dieſes Geſpräch nicht, denn es beurkundet
mehr als alle Verſicherungen meine Liebe und verſprecht mir, daß Ihr ein gutes Wort für mich
einlegen wollt.“
Hendrik ſah den Alten groß an, ſagte aber nichts. Bevor er ſich genug geſammelt hatte,
um antworten zu können, ſchlüpfte ein altes Frauenzimmer, nach flandriſcher Sitte ein buntes
Tuch um den Kopf gewickelt, die Stufen einer weiten Treppe herab und kam an die beiden
Männer heran.
„Mynheer Hendrik“, murmelte ſie, „und auch Ihr, Mynheer Slyker, Ihr ſolltet doch wiſſen,
daß man ſolche Angelegenheiten, wie Ihr ſie verhandelt, nicht mit Poſaunenſtimmen beſpricht.“
blitzenden Blicke betrachtend; „dieſes geht mir dennoch über den Scherz hinaus Ich fürchte
wahrlich — gerade heraus — für Euren Berfiand .. .“
„Ach ja“, ſeufzte Slyker, an ſeine Stirn faſſend, „Ihr habt ſehr Recht! Sagt nur, ich bin
wahnſinnig — aber dieſe Obſtruction in meinem Kopfe iſt aus einer der erhabenſten Leiden-
ſchaften hervorgegangen . . .“
„Geht, geht doch! Träfe Euch Leuwenbroek, ſo könnte ſich eine unangenehme Scene für
Euch ereignen!“ ſagte Hendrik, welcher das Käſtchen, das ihm der Rathsmann geſchickt in den
Arm gelegt hatte, vergebens wieder zurückzugeben verſuchte.
„Mag der Baron kommen!“ rief Slyker jetzt beinahe mit lauter Stimme. „Ich weiche
nicht, bevor ich ein Wort des Troſtes von der ſchönſten Dame Amſterdams empfangen habel
Gern will ich für Elizabeth der Gefahr trotzen, von Eurem Schwager hier ermordet zu werden!
„Gijsbert Leuwenbroek“, ſagte Hendrik, allmählich aufgebracht werdend, „wird Euch,
Mynheer, nicht ermorden, ſondern von ſeinen Dienern durchprügeln laſſen. — Geht, oder ich
ſelbſt werde Euch in Abweſenheit des Hausherrn für Eure Unverſchämtheit züchtigen. Wie?
Soll eine geachtete, tugendhafte Dame, die Gemahlin eines angeſehenen Edelmannes, durch die
Narrheit eines alten Tropfes in Gefahr kommen, den tadelloſen Glanz ihres Rufs einzubüßen?“
Slyker war durchaus nicht aufgebracht, wie man es hätte erwarten ſollen. Er zeigte eine
große Niedergeſchlagenheit.
„Urtheilt von meinen Empfindungen“, ſagte er mit tragikomiſchem Pathos, „wenn ich Euch
nochmals inſtändig bitte, mir nur auf zehn Minuten mit der Baroneſſe Leuwenbroek ein Geſpräch
unter vier Augen zu vermitteln. Ihr könnt Eurerſeits von einem Millionair, wie ich bin, einigen
Nutzen für Eure Gefälligkeit erwarten. Fordert und ich bin bereit, Euch zu dienen . . .“
„Noch ein Wort“, unterbrach ihn Hendrik mit Eiſeskälte, „und Ihr erhaltet Ohrfeigen.
Die Achtung vor Eurer Stellung bewegt mich, Euch dieſes zuvor anzuzeigen; Ihr hättet Eure
Belohnung ſonſt ſchon empfangen“
„Und Ihr, mein Herr“, ſagte Slyker, ſich ſtolz aufrichtend und die Hand an ſeinen Degen
mit einem ſchön geflochtenen goldenen Korbe legend, „und Ihr hättet, wäre ich nicht in Eure
Schweſter verliebt und hätte ich nicht auf Euch und Eure Vermittelung meine Hoffnung geſetzt,
ſchon das Vergnügen gehabt, nach Eurer erſten Beleidigung gegen mich niedergeſtoßen zu werden.“
Eine Pauſe trat ein. Hendrik ſchien nicht mehr zu wiſſen, was er dieſem Manne gegen-
über ſagen ſollte.
„So aber“, fuhr Slyker fort, „bitte ich Euch nochmals. Nehmt dieſes Käſtchen, gebt es
Eurer Schweſter, klagt ihr meine Leiden; vergeßt ſogar dieſes Geſpräch nicht, denn es beurkundet
mehr als alle Verſicherungen meine Liebe und verſprecht mir, daß Ihr ein gutes Wort für mich
einlegen wollt.“
Hendrik ſah den Alten groß an, ſagte aber nichts. Bevor er ſich genug geſammelt hatte,
um antworten zu können, ſchlüpfte ein altes Frauenzimmer, nach flandriſcher Sitte ein buntes
Tuch um den Kopf gewickelt, die Stufen einer weiten Treppe herab und kam an die beiden
Männer heran.
„Mynheer Hendrik“, murmelte ſie, „und auch Ihr, Mynheer Slyker, Ihr ſolltet doch wiſſen,
daß man ſolche Angelegenheiten, wie Ihr ſie verhandelt, nicht mit Poſaunenſtimmen beſpricht.“