68 Deutſchlands Kunſtſchätze.
zahlen“, ſagte Anna zu dem Narren. „Aber ich denke Margaret, Manon — warte noch, Vetter
Pinch — Ihr werdet Eure Wette doch wegen dieſes Troubles von unſerm Herrn und Gemahl ſo
wenig, als wegen der Litaneyen des Narren aufgeben wollen.“
„Holbein darf ja nicht mehr in Ihrer Majeſtät Gemächer“, lachte die Franzöſin. „Die Hof-
damen Ihrer Majeſtät — mit Ausnahme der Gribley, der Bryan und der Llangadok, die wohl
wiſſen, aus welchem Grunde ſie in dieſem Falle Ausnahme machen würden — die Hofdamen
könnten ja, wenn Holbein daſitzt und portraitirt, auf die ſchreckliche Idee kommen, zum Beiſpiel
ihre Oberkleider bis zum Gürtel fortzuwerfen, um ſich als Galatheen, Nymphen oder Bacchan-
tinnen malen zu laſſen.“
„Ihr werdet ſelbſt nach Holbein's Atelier gehen!“ rief die Königin, der Mailleron auf den
fleiſchigen Nacken ſchlagend und dann lachend in die Hände klatſchend. „Bei Gott, Rocheford hat
mit mir gewettet, daß die Everley ſchöner als Du ſei, während ich mit zweihundert Ducaten für
Dich, Manon, einſtand und meiner Treu — ich werde gegen meinen Bruder Recht behalten.
Holbein malt Euch — blos die Büſten — Ihr nehmt Masken vor und ſind die Bilder vollendet,
ſo werden ſie in großer geheimer Sitzung von Lord Rocheford, Wyatt, Bryan und meinetwegen
vor Smeaton und dem Narren hier ausgeſtellt und der Apfel des Paris feierlich dem ſchönſten der
maskirten Conterfei's zuerkannt.“
„Die Kampfrichter“, ſagte der Narr, „werden ſich doch nicht etwa, wenn ſie uneinig ſind, *
ihre eignen Anſchauungen der Originale der Bildniſſe beziehen?“
Die Gräfin Mailleron lachte unbändig.
„Wenn Pinch nicht einen ſo unmenſchlich dicken Kopf und ein ſolches Tölpelgeſichte hätte“,
rief ſie, „ſo würde ich ihn zu meinem Cavalier machen. Du wirſt Holbein ſagen, daß wir zu ihm
kommen würden, um uns malen zu laſſen?“
„O ja“, ſagte der Narr, ſein Lieblingswort ſehr lang dehnend. „Wofür gäbe e& Narren,
wenn ſie nicht die Dummheit befördern wollten?“
Pinch ging, während das heitere Geſpräch und das Gelächter der Damen ihn begleiteten.
„Sollte man es für möglich halten“, ſagte der Narr, auf der Treppe ſinnend ſtill ſtehend und
die Beine in faſt affenmäßiger Art kreuzend, eine Attitude, wozu ſein trübſelig ernſtes Geſicht den
ſchärfſten Gegenſatz bildete; „ſollte man es glauben, daß ein Frauenzimmer in der That vor Leicht-
ſinn blind und taub und ſo werden kann, wie dieſe Königin Anna mit ihren luſtigen Hoffräulein?
Sie hüpfen und lärmen, wie eine Menge von närriſchen Fröſchen in einem warmen Teiche, indeß
der Herr Vetter Heinrich ſchon ſein Bret in die Höhe hebt, um Allen mit einem einzigen Hiebe
den Schädel zu zerſchmettern. Wo dann die Froſchkönigin Anna gequakt hat, wird die Froſchkönigin
Johanna Seymour quaken. Hab' ich noch den Zucker für die kleine Beß? Ach gewiß, da ſteckt er
neben meinem Buche.“
Mit eilfertigen Schritten gelangte er oben in ein kleines Zimmer, deſſen Fenſter faſt bis
oben hinauf durch koſtbare Tapeten verhangen waren, ſo daß nur durch einige Fenſterſcheiben Licht
auf eine Staffelei fiel, an welcher ein ſtattlicher Mann von etwa ſechs und dreißig Jahren mit
dunklem Bart und in einen langen dunklen Marderpelz gehüllt, mit ernſtem Blick ſaß und malte.
Als der Maler den Narren erblickte, heiterten ſich ſeine Züge auf und er ſagte ſehr gütig mit
weicher, langſamer Ausſprache:
zahlen“, ſagte Anna zu dem Narren. „Aber ich denke Margaret, Manon — warte noch, Vetter
Pinch — Ihr werdet Eure Wette doch wegen dieſes Troubles von unſerm Herrn und Gemahl ſo
wenig, als wegen der Litaneyen des Narren aufgeben wollen.“
„Holbein darf ja nicht mehr in Ihrer Majeſtät Gemächer“, lachte die Franzöſin. „Die Hof-
damen Ihrer Majeſtät — mit Ausnahme der Gribley, der Bryan und der Llangadok, die wohl
wiſſen, aus welchem Grunde ſie in dieſem Falle Ausnahme machen würden — die Hofdamen
könnten ja, wenn Holbein daſitzt und portraitirt, auf die ſchreckliche Idee kommen, zum Beiſpiel
ihre Oberkleider bis zum Gürtel fortzuwerfen, um ſich als Galatheen, Nymphen oder Bacchan-
tinnen malen zu laſſen.“
„Ihr werdet ſelbſt nach Holbein's Atelier gehen!“ rief die Königin, der Mailleron auf den
fleiſchigen Nacken ſchlagend und dann lachend in die Hände klatſchend. „Bei Gott, Rocheford hat
mit mir gewettet, daß die Everley ſchöner als Du ſei, während ich mit zweihundert Ducaten für
Dich, Manon, einſtand und meiner Treu — ich werde gegen meinen Bruder Recht behalten.
Holbein malt Euch — blos die Büſten — Ihr nehmt Masken vor und ſind die Bilder vollendet,
ſo werden ſie in großer geheimer Sitzung von Lord Rocheford, Wyatt, Bryan und meinetwegen
vor Smeaton und dem Narren hier ausgeſtellt und der Apfel des Paris feierlich dem ſchönſten der
maskirten Conterfei's zuerkannt.“
„Die Kampfrichter“, ſagte der Narr, „werden ſich doch nicht etwa, wenn ſie uneinig ſind, *
ihre eignen Anſchauungen der Originale der Bildniſſe beziehen?“
Die Gräfin Mailleron lachte unbändig.
„Wenn Pinch nicht einen ſo unmenſchlich dicken Kopf und ein ſolches Tölpelgeſichte hätte“,
rief ſie, „ſo würde ich ihn zu meinem Cavalier machen. Du wirſt Holbein ſagen, daß wir zu ihm
kommen würden, um uns malen zu laſſen?“
„O ja“, ſagte der Narr, ſein Lieblingswort ſehr lang dehnend. „Wofür gäbe e& Narren,
wenn ſie nicht die Dummheit befördern wollten?“
Pinch ging, während das heitere Geſpräch und das Gelächter der Damen ihn begleiteten.
„Sollte man es für möglich halten“, ſagte der Narr, auf der Treppe ſinnend ſtill ſtehend und
die Beine in faſt affenmäßiger Art kreuzend, eine Attitude, wozu ſein trübſelig ernſtes Geſicht den
ſchärfſten Gegenſatz bildete; „ſollte man es glauben, daß ein Frauenzimmer in der That vor Leicht-
ſinn blind und taub und ſo werden kann, wie dieſe Königin Anna mit ihren luſtigen Hoffräulein?
Sie hüpfen und lärmen, wie eine Menge von närriſchen Fröſchen in einem warmen Teiche, indeß
der Herr Vetter Heinrich ſchon ſein Bret in die Höhe hebt, um Allen mit einem einzigen Hiebe
den Schädel zu zerſchmettern. Wo dann die Froſchkönigin Anna gequakt hat, wird die Froſchkönigin
Johanna Seymour quaken. Hab' ich noch den Zucker für die kleine Beß? Ach gewiß, da ſteckt er
neben meinem Buche.“
Mit eilfertigen Schritten gelangte er oben in ein kleines Zimmer, deſſen Fenſter faſt bis
oben hinauf durch koſtbare Tapeten verhangen waren, ſo daß nur durch einige Fenſterſcheiben Licht
auf eine Staffelei fiel, an welcher ein ſtattlicher Mann von etwa ſechs und dreißig Jahren mit
dunklem Bart und in einen langen dunklen Marderpelz gehüllt, mit ernſtem Blick ſaß und malte.
Als der Maler den Narren erblickte, heiterten ſich ſeine Züge auf und er ſagte ſehr gütig mit
weicher, langſamer Ausſprache: