106 Dentſchlands Kunſtſchätze.
„Aber was verlangt Ihr denn, Meiſter?“ rief Buckingham heftig. „Worüber beklagt Ihr
Euch? Karl I. hat Euch, wie Ihr es verdient, mit Ehren überhäuft — dort liegt ſein diamanten
gefaßtes Bildniß, welches er Euch ſchenkte; Ihr ſeid Ritter des Bath-Ordens; über engliſche
Knauſerigkeit dürft Ihr doch wahrhaftig auch nicht jammern, denk' ich!“
„Nur nicht ſo ruhmredig!“ rief van Dyck, ſich raſch aufrichtend. „Ich habe England mit den
Werken meiner Hand einen ewigen Schatz überliefert; die Gemälde, welche ich hier ſchuf, zählen
nach Hunderten. Ich habe, um kein Geſchenk, ſondern verdiente Belohnung zu empfangen, mich
überarbeitet, bin elend, erſchöpft geworden, mein Herzog von Buckingham ... Und doch konnte
König Karl, als ich vor drei Wochen um Privataudienz erſuchte, mich unter nichtigem Vorwande
abweiſen, mir ſagen laſſen, mir, ich möge am andern Tage kommen, gleich, als ſei ich ſein Diener
und kein freier Künſtler, der alle Könige der Welt entbehren kann . . .“
„Mein Freund'“, rief jetzt Digby, „jetzt, wo die republikaniſchen Puritaner, dieſe Rundköpfe,
an dem Throne des Königs rütteln, wo die Gährung der Gemüther die unausgeſetzteſte Wach-
ſamkeit des Königs erheiſcht, wo die Schotten ſich zum Aufſtande fertig machen, da ſollteſt
Du wohl entſchuldigen, wenn das Wohl eines ganzen Reichs Deinen Angelegenheiten voraus-
geſtellt wurde.“
„Der König war krank und leidend“, verſicherte Buckingham. „Und in Wahrheit weiß Euer
großer Freund, Digby, ſehr wohl, daß er ſich über Niemand in der Welt, als über ſich ſelbſt be-
klagen kann. Er iſt die einzige Urſache ſeiner häßlichen Laune, die ihm Alles und Jedes in den
widerwärtigſten Farben zeigt.“
„Ja“, flüſterte van Dyck, wieder ſeine matte Haltung annehmend, „ich ſehe nur contraſtirende
Tinten ... Grün und Hellroth, Hellblau und Grau, Schwarz und Braun . . .“
„Gut, van Dyck!“ rief Buckingham. „Ich freue mich, Sir, daß wir, Digby und ich, Euch
auf unſern Punct gebracht haben. Wir wollen geſtehen, daß wir nur kamen, um Euch beichten
zu laſſen.“
Van Dyck ſchüttelte faſt betrübt den Kopf.
„Ja, Freund“, ſagte Digby, faſt zärtlich van Dyck's zarte Künſtlerhand ergreifend und ſie
kräftig ſchüttelnd. „Der Herr Herzog ſagt die Wahrheit. Wir ſehen Dich, wie Du nur noch matt
mit dem Strudel ringſt, in welchen Du Dich ſtürzteſt, in dieſen Schwall von Vergnügungen und
ſinnlichen Genüſſen, in welchem Du ſicherlich untergehen wirſt, wenn Du Dich nicht energiſch und
auf der Stelle aufrichteſt.“
„Ah, meine Freunde“, rief van Dyck, deſſen gewöhnliche weichmüthige Stimmung wieder-
kehrte, „laßt mich, laßt mich doch. Ich habe Alles ſatt, ich bin des Lebens müde.“
„Gott bewahre, Meiſter“, lachte Buckingham, „Ihr werdet erſt zu leben beginnen, denn beim
heiligen Kreuz, wir haben nichts Anderes im Sinne, als Euch zu — verheirathen. Euer Harem,
Eure Mädchen, die Euch Modell ſtehen, ſchafft vor allen Dingen ab; höret auf, ferner durch
ſchwelgeriſche Feſte Euch zu entnerven, und Euer Vermögen, Eure Kräfte und Eure Geſundheit
und mit dieſer Euer — Genie zu verſchleudern und zu verſchwenden . . . und der erſte Schritt iſt
auf der Bahn gethan, die wir Euch führen möchten.“
„Du haſt neuen Lebensmuth nöthig, Freund“, fuhr Digby fort. „Du fühlſt ſelbſt, daß es
vergebens iſt, Dich durch Prunk und Ausſchweifungen zu betäuben. Noch lebt das heilige Feuer
„Aber was verlangt Ihr denn, Meiſter?“ rief Buckingham heftig. „Worüber beklagt Ihr
Euch? Karl I. hat Euch, wie Ihr es verdient, mit Ehren überhäuft — dort liegt ſein diamanten
gefaßtes Bildniß, welches er Euch ſchenkte; Ihr ſeid Ritter des Bath-Ordens; über engliſche
Knauſerigkeit dürft Ihr doch wahrhaftig auch nicht jammern, denk' ich!“
„Nur nicht ſo ruhmredig!“ rief van Dyck, ſich raſch aufrichtend. „Ich habe England mit den
Werken meiner Hand einen ewigen Schatz überliefert; die Gemälde, welche ich hier ſchuf, zählen
nach Hunderten. Ich habe, um kein Geſchenk, ſondern verdiente Belohnung zu empfangen, mich
überarbeitet, bin elend, erſchöpft geworden, mein Herzog von Buckingham ... Und doch konnte
König Karl, als ich vor drei Wochen um Privataudienz erſuchte, mich unter nichtigem Vorwande
abweiſen, mir ſagen laſſen, mir, ich möge am andern Tage kommen, gleich, als ſei ich ſein Diener
und kein freier Künſtler, der alle Könige der Welt entbehren kann . . .“
„Mein Freund'“, rief jetzt Digby, „jetzt, wo die republikaniſchen Puritaner, dieſe Rundköpfe,
an dem Throne des Königs rütteln, wo die Gährung der Gemüther die unausgeſetzteſte Wach-
ſamkeit des Königs erheiſcht, wo die Schotten ſich zum Aufſtande fertig machen, da ſollteſt
Du wohl entſchuldigen, wenn das Wohl eines ganzen Reichs Deinen Angelegenheiten voraus-
geſtellt wurde.“
„Der König war krank und leidend“, verſicherte Buckingham. „Und in Wahrheit weiß Euer
großer Freund, Digby, ſehr wohl, daß er ſich über Niemand in der Welt, als über ſich ſelbſt be-
klagen kann. Er iſt die einzige Urſache ſeiner häßlichen Laune, die ihm Alles und Jedes in den
widerwärtigſten Farben zeigt.“
„Ja“, flüſterte van Dyck, wieder ſeine matte Haltung annehmend, „ich ſehe nur contraſtirende
Tinten ... Grün und Hellroth, Hellblau und Grau, Schwarz und Braun . . .“
„Gut, van Dyck!“ rief Buckingham. „Ich freue mich, Sir, daß wir, Digby und ich, Euch
auf unſern Punct gebracht haben. Wir wollen geſtehen, daß wir nur kamen, um Euch beichten
zu laſſen.“
Van Dyck ſchüttelte faſt betrübt den Kopf.
„Ja, Freund“, ſagte Digby, faſt zärtlich van Dyck's zarte Künſtlerhand ergreifend und ſie
kräftig ſchüttelnd. „Der Herr Herzog ſagt die Wahrheit. Wir ſehen Dich, wie Du nur noch matt
mit dem Strudel ringſt, in welchen Du Dich ſtürzteſt, in dieſen Schwall von Vergnügungen und
ſinnlichen Genüſſen, in welchem Du ſicherlich untergehen wirſt, wenn Du Dich nicht energiſch und
auf der Stelle aufrichteſt.“
„Ah, meine Freunde“, rief van Dyck, deſſen gewöhnliche weichmüthige Stimmung wieder-
kehrte, „laßt mich, laßt mich doch. Ich habe Alles ſatt, ich bin des Lebens müde.“
„Gott bewahre, Meiſter“, lachte Buckingham, „Ihr werdet erſt zu leben beginnen, denn beim
heiligen Kreuz, wir haben nichts Anderes im Sinne, als Euch zu — verheirathen. Euer Harem,
Eure Mädchen, die Euch Modell ſtehen, ſchafft vor allen Dingen ab; höret auf, ferner durch
ſchwelgeriſche Feſte Euch zu entnerven, und Euer Vermögen, Eure Kräfte und Eure Geſundheit
und mit dieſer Euer — Genie zu verſchleudern und zu verſchwenden . . . und der erſte Schritt iſt
auf der Bahn gethan, die wir Euch führen möchten.“
„Du haſt neuen Lebensmuth nöthig, Freund“, fuhr Digby fort. „Du fühlſt ſelbſt, daß es
vergebens iſt, Dich durch Prunk und Ausſchweifungen zu betäuben. Noch lebt das heilige Feuer