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Deutſchlands Kunſtſchähe 137
ſeines Anſchluſſes, an die gegen Frankreich aufgebotene Reichsarmee vom Kaiſer in Ausſicht
geſtellt iſt?“
„Ich bin begierig, Graf!“
„Nichts Geringeres, als das Herzogthum Lauenburg, das ohne Zweifel der älteren Welfen-
linie, dem Herrn Herzog Rudolph Auguſt zuſteht . . .“
Der Herzog ward blaß und trommelte mit den Fingern auf dem Tiſche.
„Nun, meine Herren“, ſagte er kurz, „ein Ende mit dieſen Geſprächen .. .“
„Fürſtliche Gnaden befehlen“, meinte Verjus aufſtehend. „Graf Bentheim iſt da ſo gütig ge-
weſen, mir einen Schatz zur Verfügung zu ſtellen ... Elf Gemälde, eine Folge, zu welcher noch
ein zwölftes Bild kommt, das aber noch ſich unter dem Pinſel befindet ... Ich dächte wir betrach-
teten dieſe Perlen ...“
„Von welchem Meiſter?“ fragte der Herzog.
„Er heißt Berghem und wohnt hier oben im Schloſſe.“
„Berghem? Ich beſitze zwei Bilder von dieſem Künſtler und ich ſchätze, daß ſie gleich den Rang
hinter Zweien meiner Claude Lorrains behaupten . . .“
Der Empfangsſalon ward geöffnet.
Der Herzog hatte ſofort die erſten Landſchaften Berghem's erkannt und ging, immer tiefer
aufgeregt werdend, von einem Stücke zum andern.
„Aber wie ſagten Sie denn, Graf Verjus“, fragte Rudolph Auguſt, „Graf Bentheim habe
Ihnen dieſe Gemälde zur Verfügung geſtellt . . . Was heißt das, zum Verkauf geſtellt, oder
geſchenkt?“
„Euer fürſtliche Gnaden“, antwortete Bentheim, „Graf Verjus war entzückt von dieſen Ge-
mälden. . —
„Wer wäre es nicht!“ rief der Herzog. „Dieſe Bilder wiegen eine ganze Galerie voll pomphaft
geſchmackloſer coups de force ſogenannter genialer Maler auf. Ich glaube, das beſte Kriterium
eines guten Bildes iſt einfach das, daß man daſſelbe zu jeder Zeit ohne heftige Gemüthsbewegung,
aber mit tiefer und angenehmer Anregung unſeres Schönheitsgefühls und unſres ſeeliſchen und ſittlichen
Wohlgefallens betrachten kann. Ich habe viele und gute Bilder von großen Meiſtern; aber es ſind
nur ſehr wenige, die im Stande ſind, mir auf die wohlthuendſte Weiſe das innere Gleichgewicht
wieder zu verleihen, welches durch ſolche tauſendfache Variationen der petites et grandes misères
du jour alterirt wird. .. Dies hier, dieſe Berghems —
„So will mir's ſcheinen,
Sind die rechten Bilder
Die man muß meinen! 5)“
„Herr Herzog, Sie machen mich ſehr glücklich! ſagte Verjus, deſſen ledergelbe Wangen ſich
färbten.
Unterſchrift des Herzogs Rudolph Auguſt unter Berghems Bild: Wandernde Hirten (Die Frau
auf dem Eſel läßt den Hund nach einem Stück Brod emporſpringen) — einſt in Salzdahlum (erſter Katalog.)
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Deutſchlands Kunſtſchähe 137
ſeines Anſchluſſes, an die gegen Frankreich aufgebotene Reichsarmee vom Kaiſer in Ausſicht
geſtellt iſt?“
„Ich bin begierig, Graf!“
„Nichts Geringeres, als das Herzogthum Lauenburg, das ohne Zweifel der älteren Welfen-
linie, dem Herrn Herzog Rudolph Auguſt zuſteht . . .“
Der Herzog ward blaß und trommelte mit den Fingern auf dem Tiſche.
„Nun, meine Herren“, ſagte er kurz, „ein Ende mit dieſen Geſprächen .. .“
„Fürſtliche Gnaden befehlen“, meinte Verjus aufſtehend. „Graf Bentheim iſt da ſo gütig ge-
weſen, mir einen Schatz zur Verfügung zu ſtellen ... Elf Gemälde, eine Folge, zu welcher noch
ein zwölftes Bild kommt, das aber noch ſich unter dem Pinſel befindet ... Ich dächte wir betrach-
teten dieſe Perlen ...“
„Von welchem Meiſter?“ fragte der Herzog.
„Er heißt Berghem und wohnt hier oben im Schloſſe.“
„Berghem? Ich beſitze zwei Bilder von dieſem Künſtler und ich ſchätze, daß ſie gleich den Rang
hinter Zweien meiner Claude Lorrains behaupten . . .“
Der Empfangsſalon ward geöffnet.
Der Herzog hatte ſofort die erſten Landſchaften Berghem's erkannt und ging, immer tiefer
aufgeregt werdend, von einem Stücke zum andern.
„Aber wie ſagten Sie denn, Graf Verjus“, fragte Rudolph Auguſt, „Graf Bentheim habe
Ihnen dieſe Gemälde zur Verfügung geſtellt . . . Was heißt das, zum Verkauf geſtellt, oder
geſchenkt?“
„Euer fürſtliche Gnaden“, antwortete Bentheim, „Graf Verjus war entzückt von dieſen Ge-
mälden. . —
„Wer wäre es nicht!“ rief der Herzog. „Dieſe Bilder wiegen eine ganze Galerie voll pomphaft
geſchmackloſer coups de force ſogenannter genialer Maler auf. Ich glaube, das beſte Kriterium
eines guten Bildes iſt einfach das, daß man daſſelbe zu jeder Zeit ohne heftige Gemüthsbewegung,
aber mit tiefer und angenehmer Anregung unſeres Schönheitsgefühls und unſres ſeeliſchen und ſittlichen
Wohlgefallens betrachten kann. Ich habe viele und gute Bilder von großen Meiſtern; aber es ſind
nur ſehr wenige, die im Stande ſind, mir auf die wohlthuendſte Weiſe das innere Gleichgewicht
wieder zu verleihen, welches durch ſolche tauſendfache Variationen der petites et grandes misères
du jour alterirt wird. .. Dies hier, dieſe Berghems —
„So will mir's ſcheinen,
Sind die rechten Bilder
Die man muß meinen! 5)“
„Herr Herzog, Sie machen mich ſehr glücklich! ſagte Verjus, deſſen ledergelbe Wangen ſich
färbten.
Unterſchrift des Herzogs Rudolph Auguſt unter Berghems Bild: Wandernde Hirten (Die Frau
auf dem Eſel läßt den Hund nach einem Stück Brod emporſpringen) — einſt in Salzdahlum (erſter Katalog.)