Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Görling, Adolph; Woltmann, Alfred [Bearb.]; Meyer, Bruno [Bearb.]
Deutschlands Kunstschätze: eine Sammlung der hervorragendsten Bilder der Berliner, Dresdner, Münchner, Wiener, Casseler und Braunschweiger Galerien : eine Reihe von Porträts der bedeutendsten Meister (Band 1) — Leipzig: Verlag von A. H. Payne, 1871

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.62315#0352
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Gerard hanthorſt,

genannt Gherardo dalle Notti.

Die kunſtgeſchichtliche Stellung des Gerard Honthorſt iſt leichter zu ſkizziren, als die Ereig-
niſſe ſeines Lebens ſich berichten laſſen; denn des Specielleren iſt wenig von ihm bekannt. Er wurde
1592 zu Utrecht geboren, und als ſein Vater wird Gerrit (Gerard) Hugenſoon (Sohn des Hugo)
van Honthorſt, Maler und des Sohnes erſter Lehrer, genannt. (Auch unſer Gerard zeichnet
bisweilen G. van Honthorſt, z. B. auf dem bekannten Bilde „Der Zahnbrecher“ in der Dresdener
Galerie) Sein Hauptlehrmeiſter war Abraham Bloemaert (geb. 1564 zu Gorcum, geſt. zu
Utrecht 1647), einer der bahnbrechenden Künſtler der vorangegangenen Generation. Doch übte
dieſer weniger Einfluß auf Honthorſt's Kunſt, als der Anblick der Werke Michelangelo's da
Caravaggio. Denn ſehr frühe (1610?) ging er nach Italien; bereits 1623 kam er zurück und
ward in die Regiſter der S. Lucasgilde von Utrecht eingetragen. Er hatte ſich längere Zeit na-
mentlich zu Rom aufgehalten, eifrig nach dem gewaltigen Naturaliſten ſtudirt und ſich beſonders
deſſen Vorliebe für ſcharfe, effectreiche Beleuchtung angeeignet. Da ſeine bald ſehr beliebten Bilder
faſt ausſchließlich künſtliches Licht hatten, ſo gaben ihm die Italiäner den Beinamen Gherardo-
dalle Notti, das heißt Gerherd von den Nachtſtücken, der ihm in der Kunſtgeſchichte geblieben iſt.

Einer ſeiner eifrigſten Gönner in Rom war der Marcheſe Giuſtiniani, für den einige ſeiner
vorzüglichſten Bilder, beſonders im religiöſen Genre, ausgeführt wurden. In die Heimat zurück-
gekehrt begründete er eine beſuchte Schule, und ſein Ruhm wuchs ſo, daß er bald vom König Xarl I.
nach London berufen wurde, um für ihn umfangreiche Arbeiten zu übernehmen. Er malte hiſto-
riſche und allegoriſche Bilder in dem Feſtſaal des Schloſſes zu Whitehall ſowie mehrere Bildniſſe.
Fürſtlich belohnt kehrte er nach Utrecht zurück, trat dann aber in die Dienſte des Prinzen Friedrich
Heinrich von Oranien und arbeitete für dieſen, wie es ſcheint bis an ſein Lebensende, in dem
„Huis ten boseb“ bei dem Haag und in dem Schloſſe zu Ryswick. Auch ſein jüngerer und unbe-
deutenderer Bruder Willem Honthorſt ſcheint ihm hierhin gefolgt zu ſein, denn er begleitete von
hier aus 1650 die Prinzeſſin Louiſe Henriette von Oranien, die Gemahlin des großen Kur-
fürſten, nach Berlin, wo er vierzehn Jahre als Hofmaler verblieb. — Gerard Honthorſt lebte noch
1664, von welchem Jahre eine luſtige Geſellſchaft von Kriegsleuten und Weibern im Berliner
Muſeum datirt iſt; das Jahr ſeines Todes wird verſchieden und nirgends zuverläſſig angegeben.

Seine faſt immer lebensgroßen Bilder verbreiten ſich über die verſchiedenſten Stoffgebiete,
haben aber ſelten eine tiefere Idee, und culminiren meiſt in einem glänzenden Beleuchtungseffect,
der jedoch oft recht unerfreulich ausfällt, denn Honthorſt vereinigt nicht wie Rembrandt oder Cara-
vaggio mit dem geſchloſſenen Licht ein kräftiges maleriſches Helldunkel, ſondern ein oft ins kühl
Gelbliche fallender Lichtton beherrſcht ſeine Fürbung. So wirken diejenigen ſeiner Bilder noch am
angenehmſten, in denen die derbe Naturnachahmung, deren er Herr iſt, am Platze erſcheint, und
er verdient die größte Anerkennung für die Sicherheit ſeiner Zeichnung und das Geſchick ſeiner
Gruppirung. Sehr ſelten dagegen nähert er ſich der Löſung der ſchwierigeren Aufgabe, das
innere Leben zur Darſtellung zu bringen, wie in einer „Befreiung Petri“ im Muſeum zu Berlin,
das aus dieſem Grunde eins ſeiner vorzüglichſten Werke zu heißen verdient. - B. M.
Bildbeschreibung
Für diese Seite sind hier keine Informationen vorhanden.

Spalte temporär ausblenden
 
Annotationen