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Prof. Hopfner und Dr. K. Ruthenus.
selben (grofsen Theile) hätte aufgefafst werden können, hätte auch
(vom Lehrer zuvor?) berücksichtigt werden sollen. Und gewlfswäre
das Urtheil über die Controversen schonender und ernster
gewesen. Ueberhaupt hätte man, da man ja jede andere Wissen-
schaft mit Ernst und Würde treibt, es ganz vorzüglich bei einer
solchen thun müssen, die zu eng mit dem Leben und den menschli-
chen Wünschen und Foderungen verbunden ist. Und hätte sich Jeder,
wer cs auch nur immer wagte, diese oder jene entweihende
Aeufserung zu thun, sich aus der Wissenschaft, die er ex pro)esso
trieb, Rathes erholt, so würde er schwerlich darauf verfallen seyn,
das mit Spott und Frivolität zu bekämpfen, was viele Jahr-
hunderte gegolten und in dem Herzen der Menschen Wurzel
gefafst hat."
Ich lasse diese Stelle hier, in der Nähe aller Derer, die mich
beobachten können, wörtlich wieder abdruckcn. Sie mögen erfahren
und beurtheilen , was ein mir Unbekannter über mich und meine Zu-
hörer in der Ferne verbreiten will. Von Hm. Prof. Hopfners Chi-
liasmus weifs ich kein Wort, las ich keine Zeile; vermuthlich meine
Zuhörer auch nicht. Woher also dieser Ausfall auf sie und mich?
Den Rationalismus habe ich mehrmals besonders dadurch verthei-
digt, dafs ich zeigte, wie er nicht blos aus der Intelligenz (aus der
sogenannten kalten Vernunft), sondern aus dem ganzen Geist und
Gemütli, aus Erfahrungskenntnissen, wie aus dem Denken und Em-
pfinden , hervorgehe , und man selbst die Infallibilität einer Person
oder einer Schrift, wie sie der Supernaturalismus behauptet, nicht
anders behaupten könne, als wenn man erst von den Gründen dafür,
also von der Rationalität, und zwar als Richte rin, ausgehe.
Davon, dafs ich auch dergleichen Controversien schonend und
ernst behandelt habe, ist Jeder überzeugt, der nur lesen mag. Aber
gar Viele scheinen zu schwatzen , ohne gelesen zu haben. Dafs ich
meine theologische, und jede andre mir bekannte Wissenschaft mit
Ernst und Würde treibe, dies ist der Stolz meines Lebens, den
mir Niemand, der mich wirklich hörte oder las, verkümmern wird.
Neben dem Wort ,,entweihende Aculserung" kann und darf mein
Name nie genannt werden! Eben so gewifs ist's, dafs nie und nir-
gends, seit 40 Jahren, von einem grofsen Theil meiner Zu-
hörer begierig etwas ergriffen worden sey, was sie nicht hätten
ergreifen sollen. Der Eifer für gottandächtige Rechtschaf-
fenheit als ein Zug wahrer Religiosität durchdringt jede meiner
Vorlesungen, wie meine Schriften. Und wie oft habe ich schon die
Freude gehabt, von den Besten zu hören, dafs sie nunmehr und
nach diesen Ansichten gerne Theologen und Religionslehrer seyen.
Schöpft je ein Leichtsinniger oder Sophistischer-aus dem Rationa-
lismus, der sich mit Bibel und Christenthum verbindet,
Frivolität, so ist er eben dadurch ein Irrationalist. Aber auch aus
dem Supernaturalismus und aus jeder Rcligionsvorstellung haben
Leichtsinnige und Sophisten oft und öfter Irreligiosität geschöpft.
Wenn aber das, was vieleJahr hunderte gegolten hat, eben-
deswegen geltend bleiben müfste, so müfste noch jetzt fast jedes
Vorurtheil gelten, und das Heidenthum wäre gegen das rationale
und das supernaturale Christenthum weit überwiegend. — Genug,
mit Frivolität bekämpfe ich nie etwas; mit Spott und Polemik auch
den Hm. Dr. Karl Ruthenus nicht.
Dr. Paulus.
Prof. Hopfner und Dr. K. Ruthenus.
selben (grofsen Theile) hätte aufgefafst werden können, hätte auch
(vom Lehrer zuvor?) berücksichtigt werden sollen. Und gewlfswäre
das Urtheil über die Controversen schonender und ernster
gewesen. Ueberhaupt hätte man, da man ja jede andere Wissen-
schaft mit Ernst und Würde treibt, es ganz vorzüglich bei einer
solchen thun müssen, die zu eng mit dem Leben und den menschli-
chen Wünschen und Foderungen verbunden ist. Und hätte sich Jeder,
wer cs auch nur immer wagte, diese oder jene entweihende
Aeufserung zu thun, sich aus der Wissenschaft, die er ex pro)esso
trieb, Rathes erholt, so würde er schwerlich darauf verfallen seyn,
das mit Spott und Frivolität zu bekämpfen, was viele Jahr-
hunderte gegolten und in dem Herzen der Menschen Wurzel
gefafst hat."
Ich lasse diese Stelle hier, in der Nähe aller Derer, die mich
beobachten können, wörtlich wieder abdruckcn. Sie mögen erfahren
und beurtheilen , was ein mir Unbekannter über mich und meine Zu-
hörer in der Ferne verbreiten will. Von Hm. Prof. Hopfners Chi-
liasmus weifs ich kein Wort, las ich keine Zeile; vermuthlich meine
Zuhörer auch nicht. Woher also dieser Ausfall auf sie und mich?
Den Rationalismus habe ich mehrmals besonders dadurch verthei-
digt, dafs ich zeigte, wie er nicht blos aus der Intelligenz (aus der
sogenannten kalten Vernunft), sondern aus dem ganzen Geist und
Gemütli, aus Erfahrungskenntnissen, wie aus dem Denken und Em-
pfinden , hervorgehe , und man selbst die Infallibilität einer Person
oder einer Schrift, wie sie der Supernaturalismus behauptet, nicht
anders behaupten könne, als wenn man erst von den Gründen dafür,
also von der Rationalität, und zwar als Richte rin, ausgehe.
Davon, dafs ich auch dergleichen Controversien schonend und
ernst behandelt habe, ist Jeder überzeugt, der nur lesen mag. Aber
gar Viele scheinen zu schwatzen , ohne gelesen zu haben. Dafs ich
meine theologische, und jede andre mir bekannte Wissenschaft mit
Ernst und Würde treibe, dies ist der Stolz meines Lebens, den
mir Niemand, der mich wirklich hörte oder las, verkümmern wird.
Neben dem Wort ,,entweihende Aculserung" kann und darf mein
Name nie genannt werden! Eben so gewifs ist's, dafs nie und nir-
gends, seit 40 Jahren, von einem grofsen Theil meiner Zu-
hörer begierig etwas ergriffen worden sey, was sie nicht hätten
ergreifen sollen. Der Eifer für gottandächtige Rechtschaf-
fenheit als ein Zug wahrer Religiosität durchdringt jede meiner
Vorlesungen, wie meine Schriften. Und wie oft habe ich schon die
Freude gehabt, von den Besten zu hören, dafs sie nunmehr und
nach diesen Ansichten gerne Theologen und Religionslehrer seyen.
Schöpft je ein Leichtsinniger oder Sophistischer-aus dem Rationa-
lismus, der sich mit Bibel und Christenthum verbindet,
Frivolität, so ist er eben dadurch ein Irrationalist. Aber auch aus
dem Supernaturalismus und aus jeder Rcligionsvorstellung haben
Leichtsinnige und Sophisten oft und öfter Irreligiosität geschöpft.
Wenn aber das, was vieleJahr hunderte gegolten hat, eben-
deswegen geltend bleiben müfste, so müfste noch jetzt fast jedes
Vorurtheil gelten, und das Heidenthum wäre gegen das rationale
und das supernaturale Christenthum weit überwiegend. — Genug,
mit Frivolität bekämpfe ich nie etwas; mit Spott und Polemik auch
den Hm. Dr. Karl Ruthenus nicht.
Dr. Paulus.