Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
ftfo. 54 HEIDELBERGER . 1844
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.


Thibanl’s Juristischer Nachlass (Code Napoleon).

(Beschluss.)
Es ist nicht möglich, dem deutschen Juristen auf eine präci-
sere und compendiösere Art einen lichtvollen Ueberhliek über das
französische Civilrecht zu gewähren, als dies in dem vorliegenden
Buche geschehen ist. Das französische Civilrecht ist hier in einer
fortlaufenden Paralelle mit dem römischen Privatreöhte, und zwar
mit Beibehaltung der Reihenfolge der Materien nach Thibaut’s
allverbreitetem Pandektensystem dargestellt, und allerdings ist dies
der geeigneteste Weg, die Abweichungen beider Legislationen in
einer fast aphoristischen Kürze erscheinen zu lassen. Dem künf-
tigen Gesetzgeber aber sollten die häufigen geistvollen Winke Thi-'
baut’s, über misslungene Codificationsversuche in dem französi-
schen Civilrechte nicht verloren gehen! Verkannt darf übrigens
nicht worden, dass der Standpunkt, von welchem aus Thi baut
den Code behandelte, ein rein romanistischer ist, dass Thi baut da-
her wohl auch mitunter in seinem Tadel jener Sätze, in welchen
der Code civil von dem römischen Hechte abweicht, etwas zu weit
ging, und dass er namentlich in den alten Coutumes, aus welchen
der Code so viele seiner Bestimmungen geschöpft hat, nichts an·*
deres, als eine Quelle von Missveiständnissen des römischen Rech-
tes erkennen wollte, und dass er daher häufig, wie z. B. in der
Lehre vom Besitz, das germanische Rechtselement, weiches sich
in den Coutumes gegen das römische Recht behauptet hatte, und
bei der Redaction des Code eine so mächtige Rolle spielte*),
verkannte oder unbeachtet liess. Wer könnte aber dem geistvolle«
Manne darüber zürnen, dass er überall als das auftrat, was er in
Wahrheit war — ein grosser Meister in der practischen Anwen-
dung des römischen Rechtes; wer darf ihm daraus einen Vorwurf

*) Man sehe hierüber meinen Aufsatz „Heber das germanische Element
im Code civil“ 9 welcher so eben im IV. Bande der Zeitschrift für
deutsches Recht von Reyscher und Wilda erschienen ist.
XXXIV, Jahrg. G^Boppolheft. §4

ß
 
Annotationen