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zu Walther’s 40jährigem Dienstjubiläum bestimmt, in einer passenden
Ucbersicht jener Fortschritte, welche die Natur- und Heilkunde beson-
ders in Deutschland während der letzten 4 Dezennien machte, jenen Ein-
fluss zu zeigen, den der Gefeierte auf einzelne Zweige dieser Wissen-
schaft ausübte. Sie'zerfällt auch hernach in zwei Hauptabteilungen,,
von denen die erste die Schilderung der Reform der Medizin im 19. Jahr-
hundert gibt, die Zweite sich mit Walther’s Verdiensten insbesondere
beschäftigt.
Die erste Abtheilung, welche aus der Feder des sehr unterrichte-
ten Oberarztes im Artillerie-Regimente Luitpold, Dr. Seitz, geflossen
ist, beginnt daher sehr richtig mit der Reformation, welche am Ausgang
des vorigen Jahrhunderts die Philosophie durch das Wiederaufleben der
Naturphilosophie im Identitätssysteme erlitt, und zeigt in kurzen kräfti-
gen Skizzen, welchen Einfluss dieselbe auf die Umbildung der gesammten
Natur- und Heilwissenschaft und auf ihren Entwicklungsgang im Gan-
zen und Einzelnen nehmen musste. Es werden hier die Fortschritte der
Physik, Optik, Astronomie, anorganischen und organischen Chemie, der
Mineralogie und Geognosie, Botanik und Zoologie in ihren hervorragen-
den Produzenten, den Coryphäen der Naturwissenschaft, dargestellt, so
dass die glänzende Ausbeute der neuesten Zeit sogleich in die Augen
fällt. —
Hieran schliesst sich natürlich die Anatomie mit ihren Seitenzwei-
gen, den comparativen und pathologischen, welche besonders auf dem
Gebiete der Histologie grosse Veränderungen erlitten, zu deren Begrün-
dung auch Walther das Seine beitrug, indem er auf Bichat’s System in
den Schellingischen Jahrbüchern für Medizin als Wissenschaft aufmerk-
sam machte. Die weitern Forschungen, namentlich über die Verhält-
nisse des Nervensystems und Zellsystems, sind zu kurz berührt, und die
über Dermatologie gänzlich übergangen. Bei der Darstellung der Ent-
wicklung der Physiologie beginnt der Verf. mit Recht bei der naturphi-
losophischen Behandlungsweise, auf deren Ausbildung auch Walther
durch seine „Physiologie des Menschen“ bedeutenden Einfluss äusserte.
Hierauf folgt die Experimentalperiode, in welcher besonders die Embryo-
logie und Nervenphysik hervortritt. Doch hätte die auf die wissen-
schaftliche Wiederauflebung der Phrenologie durch Carus und seine
Nachfolger Rücksicht genommen werden sollen, indem eine solche En-
cephalologie als wahre Grundlage der Psychologie angesehen werden
muss. —
In den praktischen Fächern der Medizin tritt mit der naturhisto-
riseheu Schule der Parasitismus auf, was ganz Recht ist; denn er ent-
spross ebenso der paracelsischen wiederbelebten Spekulation, wie der
experimentirenden Anwendung des Mikroskops. Doch hätten die einzel-
nen Richtungen der naturphilosophischen und naturhistorischen Patho-
logie organischer einander gegenübergestellt werden sollen , sowie auch
die Homöopathie in ihrer Bedeutung nicht recht klar und durchsichtig
erscheint. Den Charakter der naturhistorischen Medizin bezeichnet Wal-
ther sehr treffend, indem er sagt: „Die Medizin kann wahre Fortschritte
nur dadurch machen, dass sie die ganze Physik, Chemie und alle Natur-
 
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