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Nr. 33. HEIDELBERGER 1860.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Histoire du droit fran$ois> precede'e d’une introduction sur le droit
civil de Rome par H. J. Laf erriere, membre de l’institut,
Inspecteur general des facultes de droit. Tome V. et V/.
Paris 1858.
Wir haben in diesen Blättern die ersten vier Bände des Wer-
kes angezeigt, von welchem jetzt zwei neue Bände uns vorliegen.
Sie beziehen sich auf die wichtigste Quelle des Rechts, nämlich das
Gewohnheitsrecht im Gegensätze des Rechts, welches durch die ge-
setzgebende Gewalt (sei diese die Gewalt eines Regenten oder eines
Gutsherrn) dem Volke vorgeschrieben wird. Diese zweite Rechts-
quelle, in welcher unverkennbar oft da, wo Anhänglichkeit an das
Alte, Furcht einzelner Mächtiger, durch das Neue zu verlieren, oder
Verkennen der wahren Interessen das Volk an der Einführung zweck-
mässiger Fortschritte gehindert haben würde, ein wohlthätiges Mittel
der Fortbildung des Rechts liegt, um die genannten Hindernisse zu
beseitigen, wurde häufiger noch ein Grund, welcher das nationale
Recht verletzte und Herrschsucht oder andere Interessen der Macht-
haber, oder Einseitigkeit der Auffassung der mit der Bearbeitung
des Gesetzes beauftragten Personen an die Stelle des nationalen
Rechts setzte. Das Gewohnheitsrecht dagegen ist das wahre na-
tionale Recht, hervorgegangen aus dem innersten Leben des Volks,
seinen Sitten, seinen Anschauungen der Verhältnisse, erzeugt durch
das Gefühl der Bedürfnisse und der Interessen des Volks. Was vor-
erst in einer Gemeinde als Sitte, nach der sich jedes Mitglied der
Gemeinde richten muss, in gewissen Verhältnissen Jahrzehnte hin-
durch beobachtet wird, geht allmäblig in das Recht des Volks über,
insofern es, durch die zwingende Macht der Sitte geheiligt, als Norm
von allen Angehörigen des Kreises, als Regel des Handelns aner-
kannt werden muss, die Bürgschaft seiner allgemeinen Achtung in
der Dauer, mit der sich die Sitte erhält, und in der allgemeinen
Kenntniss hat, so dass die Volksrichter (Schöffen) in der Entschei-
dung der Rechtsangelegenheiten, die vor sie gebracht werden, sich
darnach richten. Lange zuvor, ehe es gesammelt wird, lebt das
Gewohnheitsrecht traditionell in dem Volke und kommt erst allmäh-
lig zur Aufzeichnung. Die Geschichte lehrt, dass regelmässig zu-
erst in der Gestalt der genannten Weisthümer das Gewohnheitsrecht
erscheint. Was in alten Urkunden unter dem Namen: Weisthum,
utabilimentum z. B. in flandrischen Urkunden, als carta di memoria
in Italien, als Ding- oder Hofrodel, oder als Oeffnung in der Schweiz
und im Elsass, als Pantheidigung in Oesterreich vorkömmt, deutet
auf diese ursprünglichen Aufzeichnungen des Gewohnheitsrechts (Nach-
LIU Jahrg. 7. Heft. 33
 
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