Heidelberger Jahrbücher der Literatur (64,2.1871)

Nr, 40.

HEIDELBERGER

1871.

JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

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Briefwechsel zwischen Joseph Freiherrn von Lassberg und Ludwig
Uhl and. Herausgegeben von Franz P fei ff er. Mit einer
Biographie Franz Pfeiffers von Karl Bartsch und den
Bildnissen von Pfeiffer, v. Lassberg und TJhland. Wien 1870.
Wilhelm Braumüller.
Wilhelm Waokernagel begann das Vorwort zu seiner letzten
Schrift über Johann Fischart aus Strassburg mit folgenden Worten:
»Deutschland hat sich im Jahre 1865 lebhaft mit dafür begeistert,
dass sechs Jahrhunderte seit der Geburt Dante’s verflossen waren:
gut und recht, da einmal »das europäische Herz« zu der Trägerin
der Weltliteratur bestellt ist. Nur sollte man über solcher Theil-
nahme an den Ehren der Fremde nicht die Säcularerinnerungen
aus dem Auge verlieren, die näher uns selbst die eigene Heimath
bietet: es ist aber im vorigen Jahre von Allen und sogar von den
Germanisten, die in Würzburg sich versammelten, vergessen wor-
den, dass gerade vor einem Jahrtausend Otfried sein Leben Jesu,
gerade vor einem Jahrhundert Gerstenberg seinen Ugolinus gedichtet
hatte, Otfried der Vater unserer Poesie und ihr erster Name, Ger-
stenberg der Herold der Göthe- und Schillerzeit. Ein Jahr von
ähnlicher Bedeutung wird 1870 sein: da vollendet sich in ihm das
dritte Jahrhundert, seitdem Johann Fischart zuerst literarisch auf-
getreten. Falls dann irgendwo Freunde sich zusammenthun um
doch diese Säcularfeier zu begehen, mögen sie die nachfolgenden
Blätter als das Einläuten gelten lassen, das am Vorabende eines
Festes üblich ist.«
Wackernagel starb am 21. December 1869. Wenn er aber
noch gesehen hätte, wie im Jahre 1870 ganz Deutschland im Sü-
den und Norden sich zusammengethan hat, als ein einig Volk
deutscher Nation fest und treu verbunden frisch und fröhlich über
den Rhein ging und alsbald in den heissen Kämpfen bei Weissen-
burg und Wörth seinen Erbfeind gründlich auf sein übermüthiges
Haupt schlug, seine Rheingelüste ihm aus dem Kopfe, ihn selbst
aber in eiliger Flucht aus Elsass und Lothringen hinaustrieb; wenn
er noch erlebt hätte, dass Strassburg, Johann Fischarts Heimath,
und Weissenburg, wo Otfried vor tausend Jahren das erste grössere
Denkmal deutscher Sprache aufgestellt hat, dem deutschen Boden
nun wieder gewonnen und einverleibt sind, wie das geeinte Deutsch-
land allen Grundlagen und Erinnerungen deutscher Ehre, Grösse
und Herrlichkeit in Elsass durch das glorreiche Jahr 1870 in un-
geahnter und nicht gewollter Weise, notbgedrungen und gezwungen
LX1V. Jahrg. 8. Heft 4Q