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162 Selenka: Niederländisches Archiv für Zoologie.
lasen, sind wir selbst rasch über den ersten uns peinlichen Ein-
druck des weniger Vervollkommneten hinweg gekommen. Zu der
zoologischen Ausbeute kann dann eine werthvolle linguistische,
denn vielfach finden wir die Wurzeln unserer Sprache im hollän-
dischen Idiome wieder, wo sie sich im Hochdeutschen verborgen
haben. Wir sind zuweilen soweit gegangen zu'wünschen, Luther
habe die Bibel in’s Niederdeutsche übertragen, damit uns unsere
ausgezeichneten Stammesverwandten in den Niederlanden und selbst
in Skandinavien näher geblieben wären.
In diesem Augenblick darf Deutschland einige Zuversicht ha-
ben , dass seine Sprache soviel Geltung erlange, als sie verdient
und dass in dieser Beziehung z. B. die Ernte des Samens, der in
Zoologie und Zootomie nun seit mehr als fünfzig Jahren von Deutch-
land in Nachbarländer ausgestreut worden ist, uns nicht mehr
missgönnt und geschmälert werde; dass nicht mehr ein und das
andere Nachbarvolk, äusser Stande die eigene Sprache überall zur
Geltung zu bringen, doch der nächst liegenden deutschen wider-
willig den Rücken kehre. Seit Cuviers Stern zu sinken anfing hat
Deutschland in der Zoologie und Zootomie vorzüglich die Schule
gemacht. Wenige Namen: Döllinger, Johannes Müller, Rudolf
Leuckart, Max Schultze mögen nur Zeit und Richtung charakteri-
siren. Die Schüler dieser und anderer führten das Verständniss
und die Benützung der deutschen Sprache in diesem Zweige der
Wissenschaft nach Russland, Skandinavien, Italien, der französi-
schen Schweiz, Amerika. Aber ein Ueberwiegen der deutschen
Sprache in den Produkten nachbarlicher Misch-Staaten oder eine
Benützung derselben bei nicht deutschen Nachbarvölkern kann im-
mer nur’ veranlasst werden durch die Blüthe der Schule und dass
ein solches berechtigtes Resultat jetzt nicht durch politische Miss-
stimmung behindert werde, das können wir erwarten. Wir dürfen
also annehmen, uns in einer Expansionsperiode zu befinden und
die Gründung des Archivs ist vielleicht trotz des mehr internatio-
nalen Anscheins ein Beweis dafür. Wir, die wir ihm alles Gedeihen
wünschen, glauben, dass ein solches Gedeihen nur mehr und mehr
den wesentlich deutschen Charakter festeilen wird. Wenn aber in
England, Deutschland, Frankreich selbst die Archive Arbeiten ohne
Unterschied in drei Sprachen bringen werden, dann werden solche
auch in den Ländern lebensfähig sein, die keiner dieser drei Sprachen
angehören.
Nun der Geist entscheidet mehr als die Form und wir ge-
stehen gerne, dass die beiden ersten Arbeiten des Archivs sehr
rühmliche sind.
Der kleine Aufsatz von Selenka: »Ueber die Entwicklung von
Tergipes« bringt den ersten Theil der Entwicklung dieser später
nackten kriechenden und mit Rückenkiemen ausgerüsteten Meer-
schnecke , das Leben im Ei, welches der Embryo mit einei’ ge-
deckelten Schale, mit Wimpern schwimmend und kiemenlos ver-
 
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