DOI Heft:
Nr. 26
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.45243#0407
1872.
Nr. 26.
HEIDELBERGER
Zur Erinnerung an Professor Karl Ludwig Kayser.
i.
Worte am Grabe
des
Professor Dr. Karl Ludwig Kayser
den 7. Mai 1872
gesprochen von
Dr. C. B. Stark
ord. Professor an der Universität Heidelberg.
Dem so plötzlich aus unserer Mitte geschiedenen, theuren Col-
legen einige Worte herzlicher Liebe und aufrichtigen Schmerzes an
der offenen Gruft zu weihen, dazu ist mir von der hohen akade-
mischen Behörde ehrender Auftrag geworden. Ich habe ihn ange-
nommen zugleich als eine heilige Pflicht und ein schönes Vorrecht,
da es mir durch mehr als 16 Jahre vergönnt war mit dem Dahin-
geschiedenen in treuem, engem wissenschaftlichen und freundschaft-
lichen Verkehre zu stehen. Mögen diese Worte in aller Schlicht-
heit und Einfachheit dem Sinne und der Weise des lieben Dahin-
geschiedenen entsprechen; mögen sie aber auch der Empfindung,
die diese Trauerversammlung, die seine Collegen beseelt, nicht un-
ebenbürtig erscheinen!
Unser Ludwig Kayser war ein achtes Kind dieses schönen
Pfälzerlandes, wie es bis Ende des vorigen Jahrhunderts diesseit
und jenseit des Rheines in ungeschiedener Einheit bestand; er
stammte aus einer bekannten theologischen und Gelehrtenfamilie
desselben. Hier in Heidelberg geboren von trefflichen Eltern, einem
fleissigen pflichtreuen für Erziehung begeisterten Vater, einer geist-
vollen Mutter erzogen, gedachte er in spätem Jahren noch immer
mit Freuden der Wochen, wo in der Herbstzeit die ganze Familie
auf das Weingut im Ueberrhein zog und dort unter Verwandten
Tage des heitersten Verkehres feierte.
Mit lebhafter Freude hing er an der Natur seiner Vaterstadt
und mit Ausnahme einer Reise nach Paris, die er mit Creuzer als
junger Student unternahm, hat er erst in späteren Jahren weitere
Reisen auch nur in den Norden Deutschlands gemacht. Wo mög-
lich keine Nacht äusser dem Dache des eigenen Hauses, äusser
LXV. Jahrg. 6. Heft. 26
Nr. 26.
HEIDELBERGER
Zur Erinnerung an Professor Karl Ludwig Kayser.
i.
Worte am Grabe
des
Professor Dr. Karl Ludwig Kayser
den 7. Mai 1872
gesprochen von
Dr. C. B. Stark
ord. Professor an der Universität Heidelberg.
Dem so plötzlich aus unserer Mitte geschiedenen, theuren Col-
legen einige Worte herzlicher Liebe und aufrichtigen Schmerzes an
der offenen Gruft zu weihen, dazu ist mir von der hohen akade-
mischen Behörde ehrender Auftrag geworden. Ich habe ihn ange-
nommen zugleich als eine heilige Pflicht und ein schönes Vorrecht,
da es mir durch mehr als 16 Jahre vergönnt war mit dem Dahin-
geschiedenen in treuem, engem wissenschaftlichen und freundschaft-
lichen Verkehre zu stehen. Mögen diese Worte in aller Schlicht-
heit und Einfachheit dem Sinne und der Weise des lieben Dahin-
geschiedenen entsprechen; mögen sie aber auch der Empfindung,
die diese Trauerversammlung, die seine Collegen beseelt, nicht un-
ebenbürtig erscheinen!
Unser Ludwig Kayser war ein achtes Kind dieses schönen
Pfälzerlandes, wie es bis Ende des vorigen Jahrhunderts diesseit
und jenseit des Rheines in ungeschiedener Einheit bestand; er
stammte aus einer bekannten theologischen und Gelehrtenfamilie
desselben. Hier in Heidelberg geboren von trefflichen Eltern, einem
fleissigen pflichtreuen für Erziehung begeisterten Vater, einer geist-
vollen Mutter erzogen, gedachte er in spätem Jahren noch immer
mit Freuden der Wochen, wo in der Herbstzeit die ganze Familie
auf das Weingut im Ueberrhein zog und dort unter Verwandten
Tage des heitersten Verkehres feierte.
Mit lebhafter Freude hing er an der Natur seiner Vaterstadt
und mit Ausnahme einer Reise nach Paris, die er mit Creuzer als
junger Student unternahm, hat er erst in späteren Jahren weitere
Reisen auch nur in den Norden Deutschlands gemacht. Wo mög-
lich keine Nacht äusser dem Dache des eigenen Hauses, äusser
LXV. Jahrg. 6. Heft. 26