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Zur Erinnerung an Prof. Karl Ludwig Kayser.

dem Familienkreise zuzubringen, erschien ihm immer wünschens-
wert und im leichten spielenden Humor, in der durchgängigen
Heiterkeit seines Wesens, in der Gewandtheit des Geistes hat er
ein gutes Stück pfälzer Natur im Leben bewährt.
Kayser’s Studienzeit fiel in jene zwanziger Jahre unseres Jahr-
hunderts, wo gerade hier in Heidelberg eine Reihe ausgezeichneter
Männer zusammenwirkte, um die neue Glanzzeit der Universität
zu begründen, wo die Wogen der grossen nationalen Begeisterung
gehemmt und gedämmt sich völlig gelegt zu haben schienen, wo
aber ein Nachklang jener Romantik, die hier in Heidelberg einst
ihre edelsten Häupter versammelt hatte, noch durch manches Familien-
leben ging. Friedrich Creuzer mit Kayser’s Familie eng befreundet
hat ihn wie einen Sohn an sich herangezogen ; in Liebe und Ge-
wissenhaftigkeit ist der Verewigte allen oft wundersamen Gedanken-
richtungen und der ganzen Breite der literarischen Production des
gefeierten Meisters nachgegangen und doch schliesslich ist er der
lenksame, bescheidene junge Mann seiner Natur treu geblieben, die
ihn zur sprachlichen Seite des Älterthums und zur Auffassung der
rhythmischen Natur der alten Poesie besonders hinführte. Dabei
blieb ungestört bis an Creuzers Ende das nahe pietätsvolle Ver-
hältniss zu demselben. Nach dem frühen Tode des Vaters war es
vor allem die Mutter, welche den grössten, ja einen fast herrschen-
den Einfluss auf den Verewigten ausübte. Wie sie denselben in
eine frische aber einfache Geselligkeit und in die eifrigsten musi-
kalischen Studien und Genüsse einzuführen verstand, so nahm sie
die Lehrgabe des Sohnes für die grosse von ihr geleitete Erziehungs-
und Lehranstalt in angestrengtester Weise in Anspruch. Unser
verewigter Freund hat das entschieden praktische Lehrtalent hier
früh üben können; aber war vielleicht auch etwas zu lange für die
Ausbildung seines Characters dem Einflüsse einer von ihm so hoch-
verehrten Persönlichkeit untergeordnet.
Seit mehr als vierzig Jahren gehörte er unserer Universität an,
seit sieben und dreissig Jahren hat er an der Leitung der Uebungen des
philologischen Seminars tbeilgenommen. In unverdrossener Arbeit,
in seltener Regsamkeit des Geistes, in grösster Pflichttreue ist er
den äusserlich stillen langsamen Gang eines akademischen Docenten
gegangen, dem es doch endlich gelang an derjenigen Universität,
an der er begonnen, den wohlverdienten Ehrenplatz unter den
Hauptvertretern der Wissenschaft einzunehmen. Die Anerkennung,
die ihm vom Ausland, von Holland, Italien, Frankreich zu Theil
ward, hat er schliesslich auch in der nächsten Umgebung errungen.
Ludwig Kayser war ein Gelehrter im vollsten und umfassend-
sten Sinne des Wortes; vielen, die ihn nur oberflächlich kannten,
mochte dasjenige, was er trieb, oft trocken und kleinlich erschei-
nen, wer ihm aber näher gestanden, mit ihm Jahre lang so man-
chen Classiker in rascher Lectüre durchlaufen hat, mit ihm über
neue Erscheinungen im philologischen Fache sich unterhielt, musste
 
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