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Brodersen, Kai; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Universitäts-Gesellschaft <Heidelberg> [Hrsg.]
Heidelberger Jahrbücher: Wahn Welt Bild: die Sammlung Prinzhorn ; Beiträge zur Museumseröffnung — Berlin, Heidelberg [u.a.], 46.2002

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https://doi.org/10.11588/diglit.4062#0011

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Vorwort

80 Jahre nach ihrer Entstehung markiert die Eröffnung eines eigenen
Museumsbaus für die Sammlung Prinzhorn im September 2001 einen vorläu-
figen Höhepunkt ihrer Entwicklung. Sie steht für die Anerkennung, die dieser
künstlerisch wie psychiatrisch einzigartigen Sammlung nach einer wechsel-
vollen Geschichte widerfahren ist.

Auf Veranlassung des damaligen Direktors der Heidelberger Psychiatrischen
Klinik, Karl Wilmanns, sammelte der Psychiater und Kunsthistoriker Hans
Prinzhorn in den Jahren 1919-21 über 5000 Arbeiten von etwa 450 Patienten
psychiatrischer Anstalten aus Deutschland und Europa. Als einer der ersten
durchbrach er damit die bisherige Missachtung solcher Schöpfungen und
erkannte ihren künstlerischen Rang. Die Sammlung sollte schon damals zu
einem Museum ausgebaut werden und die Bedeutung der Kunst psychisch kran-
ker Menschen dokumentieren. Stattdessen wurde sie jedoch ab 1938 in der
NS-Ausstellung Entartete Kunst als pathologisches Beweismaterial gegen die
Kunst der „Moderne" instrumentalisiert und geriet nach dem 2. Weltkrieg in
Vergessenheit. Gleichwohl hatte sie einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf
die Kunst des 20. Jahrhunderts, insbesondere auf die surrealistische Bewegung.

Anfang der 60er Jahre wurde die Sammlung wiederentdeckt und in den 80er
Jahren mit Unterstützung der Stiftung Völkswagenwerk sorgfältig restauriert,
konserviert und wissenschaftlich aufbereitet. Mit Inge Jädi wurde ab 1973 eine
Persönlichkeit zur Kuratorin der Sammlung bestellt, die gleichermaßen
Zugang zur psychiatrischen wie zur künstlerischen Seite der Sammlung hatte.
Ihrer Sensibilität und ihrem Engagement ist der Erhalt und die Erschließung
der kostbaren Werke für die Gegenwart in erster Linie zu verdanken. Gemein-
sam mit Bettina Brand-Claussen konnte sie der Sammlung in den letzten Jah-
ren durch mehrere internationale Ausstellungsprojekte zu Weltruhm verhelfen.
Die Eröffnung des neuen Museums fiel zeitlich zusammen mit ihrem altersbe-
dingten Rückzug aus der Tätigkeit als Kuratorin und krönte zugleich ihr
Lebenswerk. Es sei ihr an dieser Stelle von seiten der Psychiatrischen Klinik
und des Klinikums der Universität Heidelberg für die Leistungen ihrer langen
Amtszeit höchste Anerkennung und Dank ausgesprochen. Wir sind sicher und
freuen uns darauf, dass sie dem neuen Museum und seinen Mitarbeitern per-
sönlich verbunden bleiben wird.
 
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