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Brodersen, Kai; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Universitäts-Gesellschaft <Heidelberg> [Hrsg.]
Heidelberger Jahrbücher: Wahn Welt Bild: die Sammlung Prinzhorn ; Beiträge zur Museumseröffnung — Berlin, Heidelberg [u.a.], 46.2002

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https://doi.org/10.11588/diglit.4062#0247

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Elie Nadelman (1882-1946)
Bildhauer und Sammler

Roman Kurzmeyer

Die Kunstgeschichte führt den amerikanischen Bildhauer Elie Nadelman
als Erneuerer der klassizistischen Skulptur in ihren Büchern. Nadelman arbei-
tete als Künstler für die bedeutendsten Kunstsammler seiner Zeit, gründete
und unterhielt in Riverdale-on-Hudson (New York) ein privates Museum für
Volkskunst und gehörte durch seine Frau Viola Flannery der gesellschaft-
lichen Oberschicht New Yorks an. In Warschau geboren, hielt sich Nadelman
1903 sechs Monate in München auf, wo er mit klassischer griechischer Skulp-
tur in Berührung kam und sich mit den Schriften und dem Werk des Bildhau-
ers Adolf von Hildebrand (1847-1921) beschäftigte, zog 1904 nach Paris und
1914 weiter nach New York, wo er eine zweite Heimat fand.1 An seiner Biogra-
phie lässt sich exemplarisch die örtliche Verschiebung des Weltkunstzentrums
von München über Paris nach New York verfolgen.

In der Sammlung Prinzhorn findet sich weder ein Hinweis auf seine Person
noch auf eine seiner Arbeiten. Es gibt dafür auch keinen Grund, denn Elie
Nadelman war ein gesellschaftsbezogener, erfolgreicher Künstler der
Moderne. Seine Arbeiten entstanden nicht wie diejenigen der Sammlung
Prinzhorn im Schatten von Anstaltsdirektoren, Ärzten und Erziehern, son-
dern in Kenntnis der zeitgenössischen Strömungen und Debatten in Kunst
und Kultur als ein entschiedener Beitrag zur künstlerischen Avantgarde. Seit
den wegweisenden theoretischen Arbeiten von Michel Foucault sind zahlrei-
che Fallstudien zur Geschichte der Anstaltspsychiatrie erschienen und eine
Reihe von Monographien zu Künstlerinnen und Künstlern, die unter den spe-
zifischen Bedingungen der Psychiatrie des frühen 20. Jahrhunderts ihre Werke
geschaffen haben. Diese aus der Perspektive der Geschichtswissenschaften
verfassten Arbeiten führten in den letzten Jahren zu einem differenzierten
Bild der „Psychopathologie des bildnerischen Ausdrucks" und zu entspre-
chenden Relativierungen früherer Analysen und Standpunkte.

1 Vgl. zu Leben und Werk yon Lincoln Kirstein, Elie Nadelman, New York 1973 (mit Texten des Künstlers und dem
Gesamtkatalog der Zeichnungen).
 
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