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Heidelberger Volksblatt (1) — 1868

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Nr. 43 - Nr. 50 (4. November - 28. November)
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17⁵

orgen, Sie oden nicht mehr darben, doch ſcheiden ie
ſogleich von ver Geſellſchaft.“ 1111
„„„Das ſoll mit Vergnügen geſchehen! Nan, ich danke
Ihnen,“ ſagte ſie, und eine innere Bewegung verrieth

äch ſowohl auf ihrem Geficht als in ihrer Stimme.

„Jetzt will ich aber meiner armen Michaela einmel ein
ſchones Mittagbrod beſorgen! So gut iſt es uns lange
nicht zeworden. Leben Sie wohl! Sie ſind noch immer
der alte Michael, der Gute!“

Sie entſernte ſich raſch, traf aber in der Thür mit
Antonie zuſammen, an der ſie mit einer Berbeugung

vorüber eilte. Dieſe ſtand wie verſteinen und ſah der
Forteilenden nach. Als ihr Gatte ſie erblickte, eilte er
arf ſie zu, ſie aber ſtieß ihn heftig von fich.
„Fort von mir, falſcher, neineidiger Verräther!“
nief ſie aus.
yinaus geſchickt, daß Du mit dieſem verworſenen Weibe
ungeſtört beiſammen ſein kannſt! O ich kenne ſie noch
ſehr zut, »bwohl ich fie nur einmal ſah! Alſe ihr
werd' ich zum Opfer gebracht!“ — ö
Michael trat zurück.
„Antonie, Gott vergebe Dir,
er mit verſagender Stimme.
Er ſchwankte zum Fenſter, plötzlich aber griff er

mit beiden Händen in die Luft, als wolle er ſich an

irgend Etwas halten und fiel in furchtbaren Kräppfen
zu Loden. war das erſte Pal, daß ſich nieſe ent-

ſedliche Krankheit uach jener Zeit wiederholte, als ſie
ihn ebenfalls um Roſalinens willm und darch Anlo-

niens Bericht hevorgernfen, vor nun faſt eif Jahren
beftel, Letztere ward von einer namenloſe Angſt er-
griffen. Bol Verzweifkung ſtärzte fle zu
lautete, daß es des ganze Schloß durchſchallte; dann

kehrte ſie zu ihrem Gatten zurne, dem fie jammernd

und ſich ſelbſt anklagend die Schläſe wit kalten Maſſer

wuſch. Meich darau erſchien Norrmann und ſtieß

einen Laut des Entſetzens aus, als ar an Rreund in
ſolchem Zuſtande wie derſand. Doch wie immer gefaßt
öoffnete er die Thür und rief mit ſeiner Lbwenſtimme

inab: * 5

Dieſer wohnte im Schloſe und war von dem Be-
ſlzer deſſelben angeſtellt, um bei jcem vorkermenden

Krantheitsfalle ſowehl in der Familie, als bei den
Untergebenen ſogleich helfen zu toͤnnen. Seinen Bo-
mühungen gelang es endlich, den Krampf zn bannen,
ſo daß der Kranke zwer noch bewußtlos, doch nur in
ohnmächtiger Erſchöpfung dalag. Curt trug ihn hinab.
Michael wurde in's Bet' gebracht und verſiel in einen
ſieberhaften Schlaf. Der Arzt blieb bei ihm: Norr-
manms winkte Antonie, ihm zu folgen. Sie zitterte;

denn wenn er fragte, was vorgefallen, mutte ſie Alles

geſtiehen. Und wenn es der Vater erfuhr!

(Schlup folgt.)

Ein Arzt von ſonſt und jetzt.
Oie vormaligen Aerzte waren ſehr verſchieden von
den heutigen. Sie waren zuſammengeſtutzt, als ob ſie

eben aus einem Schächtelchen kämen, trugen eine hohe

„Alſo darum wird mein Rind zur Thür

wie ich es thue * ſprach

e zur Slocke und

gepuderte Kreppfriſur, Brillautringe ſtrahlten an ihren
Fingern, als Zeichen der Dankdarkeit geweſener Pa-
tienten oder — reicher Erben, Manſchetten von den
feinſten Spitzen zogen ſich um ihre Hände, ein Rock
von ſchwarzem oder rothem Sammet bedeckte den Kör-
per und ein ſpaniſches Rohr mit goldenem Knopfe
diente zur Stütze des einen Armes, indem ſie unter
dem anderen das kleine Hütchen trugen. — Jetzt iſt
ein Arzt gekleidet wie alle anderen Menſchen, alle Gra-
rität iſt verſchwunden, welche oft bewirkte, daß ein
Kranker ſchon vom Anſehen geſund wurde, und mit
dem Aeußern des Arztes hat ſich auch die Art, die
Kranken zu behandeln, mächtig verändert. — Ein Bei-
ſpiel möge dies erläutern. — Dr. A., ein halber Ho-
möopath, kam einſt zur Baronin M., deren Arzt er iſt
und welche er an einem zurückgetretenen Schnupfen be-
handelte. Er trat ein, liebkoſte das Schooßhündchen
der nädigen, zwickte im Vorübergehen das Stuben-

chen Zucker, wat dann zum Bette und ſprach mit ſanf-
ter, lispeinder Stimme: „Nun, wie geht's heute,

wie ein Engel,“ ſetzte er hinzu, „die Augen ſind nicht
mehr mübe, ſie glühen ſchon wieder, und die Roſen

vlühen auf den Wangen.“ — „Ich bin doch noch nicht
Arm hin. Er wiſchte ſich die Hand mit einem bati-

hatte einen ſchönen Arm; dann ſagte er mit zufriede-
nem Lächeln und einem Kuß auf den ſchönen A
den er ſautt wieder unter die Decke ſchobh: „In drei
bis vier Tagen iſt Alles wieder gut, nur ſo ſortgefah-
ren, leichte Nahrung nehmen, ſich warm halten und
nicht aragehen.“ — „Nicht ausgehen? Vas fällt
Ihnen ein, Doktor? Ich muß dieſen Abend in's Con-
cert, warin weine Nichte ſingt; ich hab's ihr verſßro-
chen. Ich werde mich recht warm einhüllen und fah-
ren, das rerſtcht ſich.“ — „Nun, wenn Sie fahrei,

nicht lange.“ — „Ei, liebes Doktörchen, den Anfang

ſo ſehen Sie ein Mertelſtündchen mit zu, — aber —
nicht ſelb mitmachen.“ — „Ich werde keine Ccoſſaiſe,
keinen Halzer tanzen, höchſtens eine Polonaiſe, dabei
geht man ja ehnedies nur herum.“ — „Sie liebe, eri-
geante Fran, nun meimetwegen, aher gicht ſoupiren.“
— „Ob ich mein Hühnerflügelchen doxt oder zu Hauſe

wenizſtens keino hitzigen Getränke.“ — „Ach! Ein Glas
Puuſch! Das reiſt den Schunpſen.“ — „Nun ja, gut,
Sier aber nur nicht au ſpät nach Hauſe kommen.“ —

Sorten, kam des Mortons nin pier Uhr nach
Hauſe und ward dech eſund! Kurirt ein Arit noch
jeht auf dieſe Deiſe ꝛꝝ -

allen

mädchen in die Backen, gab dem Papagei ein Stück-

meine nädige, ſo mag's darum ſein, aber bleiben Gie

des Balles uucht' ich duch gern abwarten.“ — „Nun,

ſchönſte Baroneſſe? O, Sie ſehen ja ſchon wieder aus

genz wohl,“ verſetzte die Krante und hielt ihm den

ſtenen Taſchentuche ab, faßte daun den Aꝛm, drückte
ihn ſanſt und betaſtete den Puls lange, denn die Fran

Arm.

eſſe, ns liegt den daran, Doktor?“ — „So ſei's, aber

Hiermit euipfahl ſich der Arzt. — Die Dame tange
viel, ſoupirte ſterk, trank nicht wenig, aß Backmerk von
 
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