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Hulin de Loo, Georges [Honoree]
Mélanges Hulin de Loo — Bruxelles [u.a.], 1931

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https://doi.org/10.11588/diglit.42068#0067

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MÉLANGES HULIN DE LOO

Das stille Blau von Christi Mantel umrahmt den bleichen
nackten Korper, der nnr an der Brust einen leicht rosigen
Anflug zeigt. Etwas phantomhaft Durchsichtigese hat
dieser Akt, am starksten in den Armen, deren Umrisse
unendlich ausdrucksvoll geführt sind — sie losen sich
geisterhaft im Raum auf. Das Braun von Christi Haupt-
und Barthaar lasst wieder die farbige Note des Grandes
anklingen. Rote Blntstropfen sickern unter der Dornen-
krone herab. In dem Knechte kommen krâftige Tone zu
Wort. Sein Wams leuchtet in lebhaftem Rot, in der
Haube steht ein lichter Goldton. Durch das belle Weiss
des Hemdes zieht ein in Goldoliv fein geflochtenes Orna-
mentband.
Ueber die schiefergraue Brüstung der Steinbalustrade
hangt ein Kissen, dessen Olivgriin schwarzbraun verdun-
kelt ist. Auf dem dammerigen Grunde blinken die Worte
Pilati in messingfarbenen Kapitalen. Da sein Mund
schweigt, geht die Leidensdevise wie ein Sternbild in der
Dâmmerung auf.
Die Technik des Bildes ist die sorgsam gefügte, geglât-
tete der altniederlandischen Tafelmalerei. Die Agraife auf
Pilati Turban, der Hemdsaum des Knecht.es, der Pelz-
kragen des Pharisaers sind von einer Sorgfalt der Durch-
bildung und zugleich Starke der malerischen Illusion, die
hinter den Werken der van Eyck-Generation nicht zurück-
steht. Ein gewisser Gegensatz trennt die malerisch mehr
durchfühlte rechte Bildhafte von der linken, der etwas
Fremdes anhaftet.
Ist unsere zeitlich trennende Betrachtung der verschie-
denen Gestaltungen von Kreuztragung und Ecce homo
durch Bosch eine im Leeren hangende Konstruktion oder
durch Beweise erhartbar?
Das Rudinoffsche Ecce homo setzt den Holzschnitt B. 9
aus Dürers grosser Passion voraus. Im Heiland und dem
Schergen hat sich der Meister ziemlich wortlich an das
Vorbild gehalten und den Faltenfall des Mantels wieder-
 
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