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Dr. Hanns Sachs.
Wenn wir nun darangehen, zum Einzelnen hinabzusteigen,
verwirrt die Vielzahl und buntscheckige Mannigfaltigkeit der Er-
scheinungen unseren Blick. So viel Völker und Stämme, so viel
Verschiedenheiten. Und innerhalb der Völker noch der Wechsel,
wie ihn die Wandlungen der Geschichte, das steigende und sinkende
Niveau der Kultur hervorbringt! Und innerhalb jeder Epoche die
Verschiedenheit der sozialen, religiösen, ästhetischen Gruppen und
Verbände! Um Überblidc und Ordnung zu gewinnen, liegt es uns
ob, Typen zu bilden, wenn es uns auch bewußt bleiben muß, daß
es dabei ohne Entstellung und Einseitigkeit nicht abgehen kann.
Sollen uns die Typen lehrreidr sein, so werden wir von ihnen
dreierlei fordern: Klare Abgrenzung von einander, hinreichende Ver^
schiedenheit des Inhaltes, damit, was von einigen gefolgert wurde,
mit Wahrscheinlichkeit als für alle giltig angenommen werden kann,
und Bekanntheit ihrer wesentlichen Züge, um unnötigen Ballast an
Erklärungen und Zitaten zu vermeiden. Da bieten sidi uns zwei,
die diesen Bedingungen genügen, fast von selbst an. Das Natur-
gefühl des frühen Griechentums, wie es in den Homerischen Epen
festgehalten wurde, und jenes unserer Gegenwart, das, wo nicht
scharf Umrissen, uns doch unmittelbar verständlich ist. Nur zur un-
zweideutigen Fixierung sei der Hauptpunkt seines historischen
Werdens <nadh }. Burckhardt) genannt: Petrarca und seine Besteigung
des Mont Ventouse, und mit einigen Namen seine Umgrenzung ab-
gesteckt: J. }. Rousseau, Goethe, Eichendorff, Böddin, Verlaine.
Um uns die Lebhaftigkeit unmittelbarer Anschauung zu sichern,
wollen wir für jede der beiden Typen ein Musterbeispiel wählen.
Für die erste die Beschreibung der Insel der Kalypso, vielleicht die
ausführlichste und schönste Naturschilderung bei Homer (Odyssee
V., 63 ff.) :
OM Ss ff-eo; au©'. ze<puxsi T'/ikeffocoua
xArpfp?) t' aivsipo? ts '/ca sucoSyi? jcunaptTcra?
und weiter
x.cpT,vat, Tucupe? psov uSocti "Xsukco
iz\v\Gica aTOcAcov TeTpapyevca aXkuch? aXkn
aucpt, Ss ketycovs; uakaxot, iou Y)os crsTavou
D-t/Xeov. £v9-<% yJzneiToc xat äSavaTo«; rcep HsWwv
9-7)7,o-aeCO iSoiv '/.ca T£pcpß-£t,7| «ppscrtv
Dicht um die Höhlung wuchs ein Wald verschwisterter Kronen,
Erlen und Zitterpappeln und duftende schwarze Zypressen,
Quellen lauteren Wassers entsprangen viere beisammen.
Eine der andern nah und wandten sicfi hierhin und dorthin,
Rings von schwellender Wiese umblüht mit Veilchen und Eppich,
Daß ein Unsterblicher selbst, der je des Weges daherkäm.
Stund' und weilte verwunderten Aug's und freudigen Herzens.
(Übersetzt von Rudolf Alexander Schröder.)
Und daneben eine Stelle aus »Werthers Leiden« :
Dr. Hanns Sachs.
Wenn wir nun darangehen, zum Einzelnen hinabzusteigen,
verwirrt die Vielzahl und buntscheckige Mannigfaltigkeit der Er-
scheinungen unseren Blick. So viel Völker und Stämme, so viel
Verschiedenheiten. Und innerhalb der Völker noch der Wechsel,
wie ihn die Wandlungen der Geschichte, das steigende und sinkende
Niveau der Kultur hervorbringt! Und innerhalb jeder Epoche die
Verschiedenheit der sozialen, religiösen, ästhetischen Gruppen und
Verbände! Um Überblidc und Ordnung zu gewinnen, liegt es uns
ob, Typen zu bilden, wenn es uns auch bewußt bleiben muß, daß
es dabei ohne Entstellung und Einseitigkeit nicht abgehen kann.
Sollen uns die Typen lehrreidr sein, so werden wir von ihnen
dreierlei fordern: Klare Abgrenzung von einander, hinreichende Ver^
schiedenheit des Inhaltes, damit, was von einigen gefolgert wurde,
mit Wahrscheinlichkeit als für alle giltig angenommen werden kann,
und Bekanntheit ihrer wesentlichen Züge, um unnötigen Ballast an
Erklärungen und Zitaten zu vermeiden. Da bieten sidi uns zwei,
die diesen Bedingungen genügen, fast von selbst an. Das Natur-
gefühl des frühen Griechentums, wie es in den Homerischen Epen
festgehalten wurde, und jenes unserer Gegenwart, das, wo nicht
scharf Umrissen, uns doch unmittelbar verständlich ist. Nur zur un-
zweideutigen Fixierung sei der Hauptpunkt seines historischen
Werdens <nadh }. Burckhardt) genannt: Petrarca und seine Besteigung
des Mont Ventouse, und mit einigen Namen seine Umgrenzung ab-
gesteckt: J. }. Rousseau, Goethe, Eichendorff, Böddin, Verlaine.
Um uns die Lebhaftigkeit unmittelbarer Anschauung zu sichern,
wollen wir für jede der beiden Typen ein Musterbeispiel wählen.
Für die erste die Beschreibung der Insel der Kalypso, vielleicht die
ausführlichste und schönste Naturschilderung bei Homer (Odyssee
V., 63 ff.) :
OM Ss ff-eo; au©'. ze<puxsi T'/ikeffocoua
xArpfp?) t' aivsipo? ts '/ca sucoSyi? jcunaptTcra?
und weiter
x.cpT,vat, Tucupe? psov uSocti "Xsukco
iz\v\Gica aTOcAcov TeTpapyevca aXkuch? aXkn
aucpt, Ss ketycovs; uakaxot, iou Y)os crsTavou
D-t/Xeov. £v9-<% yJzneiToc xat äSavaTo«; rcep HsWwv
9-7)7,o-aeCO iSoiv '/.ca T£pcpß-£t,7| «ppscrtv
Dicht um die Höhlung wuchs ein Wald verschwisterter Kronen,
Erlen und Zitterpappeln und duftende schwarze Zypressen,
Quellen lauteren Wassers entsprangen viere beisammen.
Eine der andern nah und wandten sicfi hierhin und dorthin,
Rings von schwellender Wiese umblüht mit Veilchen und Eppich,
Daß ein Unsterblicher selbst, der je des Weges daherkäm.
Stund' und weilte verwunderten Aug's und freudigen Herzens.
(Übersetzt von Rudolf Alexander Schröder.)
Und daneben eine Stelle aus »Werthers Leiden« :