Januar-Heft.
Illustr. kunstge werbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.
Seite 15.
Henkv van de velde. Kunst-Verglasung. (Nach dem Hofe zu.)
wird es sich um ein Laviren innerhalb der technischen Be-
dingungen handeln. Der Farbenfleck, welchen im Plakat ein
gefälliger Kontur einschloss, und der darum befriedigte, wird
schwerfälliger in Glas und Wolle dastehen. Das sollte nie
ausser Acht gelassen werden.
Ein Zweites kommt hinzu. Um nach dem Beispiel des
Plakats nur ja einen bestimmten, bildartigen Gegenstand
erkennbar zu machen, werden die Formen häufig verhältniss-
mässig gross gewählt und nun stehen die Farben in ausge-
dehnten Flecken und unverschmolzen nebeneinander, das
Auge bemerkt zwar ein primitives Bild, aber das würde es
gerne hingeben, wenn es dafür auf einer zur Fläche zusammen-
gefassten Farbenharmonie ausruhen dürfte. Aber gerade das
wird ihm versagt. Statt dessen soll es sich z. B. an land-
schaftlichen Darstellungen erbauen, bei denen die Baum- und
Terrainmassen, von gefühllosen Linien umgeben, ihres natür-
lichen Stimmungswerthes fast gänzlich beraubt sein müssen,
und die als farbiger Flächenschmuck nicht zu wirken ver-
mögen, weil jede einzelne Farbe gesondert für sich allein
steht. Oben etwa ein grosses Stück Gelb für einen Abend-
himmel, dann eine Zone dunkles Grün für die Baumgruppen,
und endlich die Flächen der Berge oder Wiesen. Jedes sagt
an sich nichts Besonderes und kann sich doch mit dem anderen
nicht gefällig zusammenschliessen. Oder es werden lebens-
grosse moderne Figuren im Plakatstil dargestellt, und nun
in die Fensteröffnungen eines Wohnzimmers von den ge-
wohnten bescheidenen Abmessungen eingefügt. Das Plakat
sieht man vorzugsweise in der Strasse, auf grössere Entfer-
nungen. Darauf ist sein Stil berechnet. Da es ausserdem
ganze Figuren meist beträchtlich unter Lebensgrösse darstellt,
so fasst das Auge den Eindruck ungezwungen als Ganzes
zusammen und ergänzt das vom Künstler ausgelassene Detail.
Aber von welchem Standpunkt soll man lebensgrösse Bilder
dieser Art im Wohnraum sehen? Man steht immer so nahe
davor, dass man nur ein Stück davon auf einmal erfasst.
Da sieht man z. B. nur einen Kopf, dessen Züge aus dieser
Nähe roh und verzerrt erscheinen, weil dem Kontur die Be-
weglichkeit und dem Kolorit die Schatten fehlen. Dazu
kommt noch ein Uebelstand. Durch die starke Leuchtkraft
ihrer Farben ziehen die vom Licht durchstrahlten Gläser die
Augen unwiderstehlich an, so dass sie zu gefährlichen Kon-
kurrenten alles dessen werden, was sonst noch im Zimmer
gesehen werden soll. Aehnlich steht es um den Wandteppich,
nur dass dieser seinerseits auch manchmal den Wettbewerb
all der Möbel und des Kleingeräths auszuhalten hat, welche
neben und häufig vor ihm gesehen werden. Welchen ange-
nehmen Hintergrund bildete früher ein alter Gobelin für ein
Möbel oder plastisches Kunstwerk. Ihre modernen Nachfolger
mit ihren gesonderten Farbenflächen werden sich zu dem
gleichen Zweck lange nicht so gut eignen. In einem kleineren
und reich ausgestatteten Gemach wird darum ein plakatartiges
Bild, sei sein Material nun Glas oder Wolle, welches aus der
Ferne gesehen werden will, und das doch auch in der Nähe
selber nicht übersehen werden kann, der ruhigen Wirkung
des Zimmers schaden, ohne selbst recht zur Geltung zu kommen.
Nun hat man neuerdings häufiger in Ausstellungen Kunst-
werke der angedeuteten Art trotz aller dagegen soeben er-
hobenen Einsprüche zu guter Wirkung kommen sehen. Darin
liegt aber kein Gegenbeweis. Denn, wo das der Fall war,
lag es immer an der Art der Räume, in denen die betref-
fenden Stücke angebracht waren. Man hatte Raum genug
zurückzutreten, um Kompositionen in grossem Maassstab zu
Henkv van de Vet.de. Kamin-Partie des Cigarren-Ladens.
Illustr. kunstge werbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.
Seite 15.
Henkv van de velde. Kunst-Verglasung. (Nach dem Hofe zu.)
wird es sich um ein Laviren innerhalb der technischen Be-
dingungen handeln. Der Farbenfleck, welchen im Plakat ein
gefälliger Kontur einschloss, und der darum befriedigte, wird
schwerfälliger in Glas und Wolle dastehen. Das sollte nie
ausser Acht gelassen werden.
Ein Zweites kommt hinzu. Um nach dem Beispiel des
Plakats nur ja einen bestimmten, bildartigen Gegenstand
erkennbar zu machen, werden die Formen häufig verhältniss-
mässig gross gewählt und nun stehen die Farben in ausge-
dehnten Flecken und unverschmolzen nebeneinander, das
Auge bemerkt zwar ein primitives Bild, aber das würde es
gerne hingeben, wenn es dafür auf einer zur Fläche zusammen-
gefassten Farbenharmonie ausruhen dürfte. Aber gerade das
wird ihm versagt. Statt dessen soll es sich z. B. an land-
schaftlichen Darstellungen erbauen, bei denen die Baum- und
Terrainmassen, von gefühllosen Linien umgeben, ihres natür-
lichen Stimmungswerthes fast gänzlich beraubt sein müssen,
und die als farbiger Flächenschmuck nicht zu wirken ver-
mögen, weil jede einzelne Farbe gesondert für sich allein
steht. Oben etwa ein grosses Stück Gelb für einen Abend-
himmel, dann eine Zone dunkles Grün für die Baumgruppen,
und endlich die Flächen der Berge oder Wiesen. Jedes sagt
an sich nichts Besonderes und kann sich doch mit dem anderen
nicht gefällig zusammenschliessen. Oder es werden lebens-
grosse moderne Figuren im Plakatstil dargestellt, und nun
in die Fensteröffnungen eines Wohnzimmers von den ge-
wohnten bescheidenen Abmessungen eingefügt. Das Plakat
sieht man vorzugsweise in der Strasse, auf grössere Entfer-
nungen. Darauf ist sein Stil berechnet. Da es ausserdem
ganze Figuren meist beträchtlich unter Lebensgrösse darstellt,
so fasst das Auge den Eindruck ungezwungen als Ganzes
zusammen und ergänzt das vom Künstler ausgelassene Detail.
Aber von welchem Standpunkt soll man lebensgrösse Bilder
dieser Art im Wohnraum sehen? Man steht immer so nahe
davor, dass man nur ein Stück davon auf einmal erfasst.
Da sieht man z. B. nur einen Kopf, dessen Züge aus dieser
Nähe roh und verzerrt erscheinen, weil dem Kontur die Be-
weglichkeit und dem Kolorit die Schatten fehlen. Dazu
kommt noch ein Uebelstand. Durch die starke Leuchtkraft
ihrer Farben ziehen die vom Licht durchstrahlten Gläser die
Augen unwiderstehlich an, so dass sie zu gefährlichen Kon-
kurrenten alles dessen werden, was sonst noch im Zimmer
gesehen werden soll. Aehnlich steht es um den Wandteppich,
nur dass dieser seinerseits auch manchmal den Wettbewerb
all der Möbel und des Kleingeräths auszuhalten hat, welche
neben und häufig vor ihm gesehen werden. Welchen ange-
nehmen Hintergrund bildete früher ein alter Gobelin für ein
Möbel oder plastisches Kunstwerk. Ihre modernen Nachfolger
mit ihren gesonderten Farbenflächen werden sich zu dem
gleichen Zweck lange nicht so gut eignen. In einem kleineren
und reich ausgestatteten Gemach wird darum ein plakatartiges
Bild, sei sein Material nun Glas oder Wolle, welches aus der
Ferne gesehen werden will, und das doch auch in der Nähe
selber nicht übersehen werden kann, der ruhigen Wirkung
des Zimmers schaden, ohne selbst recht zur Geltung zu kommen.
Nun hat man neuerdings häufiger in Ausstellungen Kunst-
werke der angedeuteten Art trotz aller dagegen soeben er-
hobenen Einsprüche zu guter Wirkung kommen sehen. Darin
liegt aber kein Gegenbeweis. Denn, wo das der Fall war,
lag es immer an der Art der Räume, in denen die betref-
fenden Stücke angebracht waren. Man hatte Raum genug
zurückzutreten, um Kompositionen in grossem Maassstab zu
Henkv van de Vet.de. Kamin-Partie des Cigarren-Ladens.