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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 11.1900

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Plehn, A. L.: Das Bild als Kunst-Verglasung und als Wand-Teppich
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https://doi.org/10.11588/diglit.6712#0030

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Seite 16.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Januar-Heft.

übersehen, und darum konnte ihre plakatmässige Eigenart
sich Geltung verschaffen. Auch der dicke Bleikontur im
Glasfenster kann, wenn er einsichtig geführt ist, der lebens-
grossen Figur Würde geben. Aber das ist das Bedauer-
liche, dass die Bedingungen von Privaträumen selbst in
den Ausstellungen für häusliche Dekoration selten ganz
eingehalten werden. Selbst wo man von grossen Sälen ab-
sieht, versäumt man häufig die Decke zu erniedrigen.
Wer einen Gegenstand, welcher ihm in der Ausstellung

gefiel, ohneweiteres in die eigene Wohnung überführt, wird
oft eine Enttäuschung erleben. Aber wer ergründet, wie der
Platz beschaffen war, an dem das Ding wirkte, der wird ihm
auch daheim eine geeignete Stätte zu finden wissen.

Warum sollten nicht auch Privatwohnungen, wenn sie
grosse Räume enthalten, das »Bild« beherbergen können?
Auf der oberen Hälfte hoher Wände, wo die Möbel nicht
hinaufreichen, wird ein Wandteppich unsere Augenfreude
sein, und wir können uns dort auch gerne allerlei von ihm
erzählen lassen. Nur werden wir uns hüten, ihn zum Nach-
barn eines Gemäldes zu machen, welches die Natur selbst in
aller Feinheit und Intimität des Details zum Vorbild nahm.
Auch eine Kunstverglasung, welche ein Bild vorstellt, wird
z. B. in einem grösseren Hausflur vollkommen gewürdigt
werden können, und sie wird dort, wo der Blick ohnehin an
der Umgebung nicht viel verliert, die Aussicht in eine andere,
farbige Welt erschliessen. Hoffentlich werden dann aber
auch die Fensteröffnungen weit genug sein, um trotz der
dicken, farbigen Gläser noch ausreichende Helligkeit in den
Raum zu lassen; denn zu dem Dämmerlicht, welches manche
romantisch veranlagte Gemüther an dem Butzenscheibenstil
so sehr anheimelte, werden wir, die wir den Tag lieben,
nimmermehr zurückkehren mögen.

Wenn wir also im allgemeinen für Glasgemälde den
grossen Raum verlangen, so erinnern wir uns auch daran, dass
sie ursprünglich in weiten Kirchenhallen ihre Heimath hatten.

Und doch kann auch für kleinere Räume ein farbiges
Fenster oder auch ein Wandteppich höchst erwünscht sein.
Mancher Aussicht verschliessen wir uns gerne durch ein
undurchsichtiges Glas, und manches Zimmer muss sich trotz

durchsichtiger Scheiben mit einem Maass von Licht begnügen,
welchem man keinen Wandschmuck mit fein nuancirten Farben
und intimem Detail der Zeichnung anvertrauen möchte. Hier
wird die Wirkerei vermöge der Leuchtkraft ihres wunderbaren
Materials allen ungünstigen Bedingungen zum Trotz noch
ungeschädigt wirken. Welche Vorschläge sind nun für solche
Räume zu machen? Hier ist eine Dekorationsart am Platz,
welche die Farben mosaikartig durcheinander würfelt. In
kleinen Flecken mögen sie sich zu einem bunten Gedränge
zusammenfinden und das Motiv des Entwurfs halte sich ganz
bescheiden im Hintergrund, um höchstens nebenbei als ange-
nehme Zugabe empfunden zu werden. In einem Wort heisst
das Programm: Nicht Bild, sondern Farbenspiel.

Kürzlich sah ich eine Verglasung von dem schottischen
Maler Guthrie. Sie erschien mir als ein anschauliches Bei-
spiel dessen, was für den zuletzt besprochenen Zweck das
Wünschenswertheste ist. Die Maasse war klein, man sah
das Fenster war für einen Wohnraum gedacht. Auf den
ersten Blick erkannte man nichts als grüne und karmoisin-
rothe Farbenschattirungen, die durch absichtlich gehäufte Blei-
umfassungen gedämpft und zusammengefasst wurden. Durch
die reiche Abwechslung verschiedenartig spielender Nuancen
waren die brüsken Gegensätze der beiden herrschenden
Farben gemildert. Als Dekorationsmotiv erkannte man
schliesslich ein dichtes Gewirr von Blättern und Blüthen.
Also: Keine harten Gegensätze, ein Vermischen der Farben-
flecken und kein auffälliges Bildmotiv für die Zeichnung.
Dann wird das Auge weder für andere Dinge geblendet, noch
zu ausschliesslich von dem einen Stück festgehalten.

Wenn man recht darüber nachdenkt, so findet man, dass
 
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