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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 11.1900

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Györgyi, Coloman: Ungarisches Kunstgewerbe: Zu den Entwürfen Eduard Wiegands
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https://doi.org/10.11588/diglit.6712#0088

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Seite 62.

lllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

April-Heft.

Villa Solskin, München.

Korridor.

Ungarisches Kunstgewerbe.

Zu den Entwürfen EDUARD WIEQAND's.

Es ist erst eine verhältnismässig kurze Spanne Zeit, seit
es sich regt auf dem Gebiete des ungarischen Kunst-
gewerbes und sich das ernste Streben kund thut, die Ver-
säumnisse vieler Jahrzehnte endlich nachzuholen.1

Während auf der Landes-Ausstellung vom Jahre 1885
meist nur die Nachahmung fremder Muster vorherrschte, war
auf der Millenniums-Ausstellung im Jahre 1896 mehrerseits
schon ein entschiedener Fortschritt bemerkbar. Namentlich
bot die Kollektiv-Gruppe der Ungarischen Gesellschaft für
Kunstgewerbe viel erfreuliches. Das Bestreben der Gesell-
schaft, begabte Künstler an das Kunstgewerbe heranzuziehen
und dadurch den Aufschwung desselben zu beschleunigen
und in richtige Bahnen zu lenken, war von überraschendem
Erfolg gekrönt. Besonders ist hervorzuheben, dass in den
nach künstlerischen Entwürfen ausgeführten Gegenständen der
nationale Geschmack mehr oder weniger zum Ausdruck kam.

Seit neuerer Zeit wird das einheimische Kunstgewerbe
von der Regierung und anderen kompetenten Faktoren that-
kräftig unterstützt, so dass auf der Pariser Weltausstellung
eine nicht nur numerisch, sondern auch qualitativ bemerkens-
werthe Gruppe den bedeutenden Fortschritt des ungarischen
Kunstgewerbes der Welt ad oculos demonstriren wird.

Bedeutendes leistet bekanntlich Ungarn in der Keramik,
wo Zsolnay mit seinen farbenprächtigen mit metallischem
Lüster versehenen Gegenständen unübertroffen dasteht.

Entwickelt ist auch die Schmiede-, die Email- und Textil-
kunst, der Bronzeguss, und seit allerneuester Zeit die Möbel-
Industrie, die noch vor wenig Jahren zumeist dem Wiener
Einfluss, und noch mehr dem Wiener Import unterlag.

Diese günstige Wendung ist zumeist dem wohlthätigen Ein-
fluss der erwähnten kunstgewerblichen Gesellschaft zu danken,
die alle zu Gebote stehenden Mittel anwandte, um auf diesem
wichtigen Zweig des Kunstgewerbes fördernd einzuwirken.
Namentlich aber gebührt das Verdienst Künstlern, wie Faragö,
Törk, Hirschler, Hosti, Spiegel u. a., die in dieser Richtung
eine überaus intensive Thätigkeit entwickelten. Zu diesen
Künstlern gesellt sich auch Eduard Wiegand, der auf der
im Budapester Kunstgewerbe-Museum veranstalteten letzten
Weihnachts-Ausstellung eine Kollektion Entwürfe für billige
Möbel ausstellte, die in Fachkreisen gerechtes Aufsehen
erregten. Diese Entwürfe zeichneten sich durch verblüffende
Einfachheit und Logik der Konstruktion, elegante Linien-
führung und vor allem durch Zweckmässigkeit aus. Sie sind
zumeist im sogenannten Bretter-Stil entworfen und dürften
vielleicht unter den bekannten Vorbildern den Entwürfen
Joseph M. Olbrich's am nächsten stehen. Ueberraschend ist
die Mannigfaltigkeit der Komposition, die bei den selbst-
gewählten, überaus bescheidenen Mitteln um so verdienstvoller
ist. Auch ist ein nicht zu unterschätzender Vortheil der
Wiegand'schen Möbel, dass sie überaus billig und leicht her-
zustellen sind und sich demnach den bürgerlichen Verhält-
nissen mit besonderer Zweckmässigkeit anpassen.

Eduard Wiegand ist ein noch ganz junger Mann von
28—30 Jahren. Die Studien beendete er in Budapest und
zwar war er mehrere Jahre hindurch Zögling der hiesigen
Kunstgewerbeschule, wo er die Abtheilung für dekorative
Malerei besuchte. Nach beendeten Schulstudien befasste er
sich mit kirchlicher Malerei und seit sechs Jahren wirkt er
unter Leitung des Professors und Architekten E. Steindl's am
inneren Ausbau des neuen Parlamentsgebäudes mit, wo er
zumeist mit der Anfertigung von Entwürfen für dekorative

Villa Solskin, München.

Eingang zur Hall*.
 
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