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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 11.1900

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Graevèll, A.: Das Kunstgewerbe auf der Dresdener Bau-Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.6712#0243

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XI. Jahrg. 1900.

Darmstadt.

Dezember-Heft.

Pas Kunstgewerbe auf per Prespener Bau-Ausstellung.

Von A. Grävell, Gommern bei Dresden.

\ n der Einleitung zum Katalog der Dresdener
Bau-Ausstellung hat O. Gruner folgenden
Satz geschrieben: »Angelegentlich empfeh-
len wir auch das Studium der ausgestellten
Musterstücke von Kunst- und Bauhand-
werk, denn in einer Periode der Dutzend-
und Fabrikwaare ist es nothwendig, von
Zeit zu Zeit wieder einmal zu erfahren, dass der »eigensinnig«
mit Kopf und Hand arbeitende Mensch in seinen höchsten
Leistungen doch durch keine Maschine ersetzt werden kann,
weder was die Abwechselung in der Erfindung, noch auch
was wählerische und akkurate Bearbeitung des Rohstoffes
betrifft.« Diesen Worten hat die Abtheilung für Kunst- und
Bauhandwerk auf der deutschen Bau-Ausstellung in vollem
Maasse entsprochen — das darf heute — wo die Ausstellung
ihre Pforten geschlossen hat — um so bereitwilliger anerkannt
werden, als im Uebrigen das Urtheil über die Ausstellung
und die von ihr dargebotenen Leistungen nicht allenthalben
Dem entspricht, was ihre Veranstalter erwartet haben dürften.
Während der »wissenschaftliche Karakter«, den Baurath
Waldow als Leiter der Ausstellung in seiner Eröffnungsrede
betonte, den Gesammt-Eindruck des Dargebotenen ernüchternd
beeinflusste und namentlich im grossen Publikum keine rechte
Begeisterung für die Schöpfungen der Architekten und Bau-
techniker aufkommen Hess, wurden die Besucher beim Betreten
der kunstgewerblichen Abtheilung ausnahmslos »warm« und
man konnte ihren Mienen, Gesten und Bemerkungen das
rege Interesse entnehmen, welches sie diesem Theil der Aus-
stellung entgegenbrachten und welches daselbst auch seine
theilweise Befriedigung fand. Schade nur, dass gerade diese
Abtheilung verhältnissmässig spärlich beschickt war. Von

dem, was ausgestellt war, verdient aber das Meiste volle
Anerkennung. Es zeigte sich in den dargebotenen Leistungen
nicht nur ein tüchtiges technisches Können, eine volle Be-
herrschung des Materials, ein minutiös akkurates Einhalten
der Zeichnung, sondern vor allem ein liebevolles Eingehen
auf die Eigenart des entwerfenden Künstlers, ein feines Ver-
ständniss für die moderne Stilistik und ein selbständiges
Erfassen der karakteristischen Momente des Entwurfs — kurz,
ein künstlerisches Wollen, Streben und Vollbringen, das für
die Zukunft unseres Kunstgewerbes die erfreulichsten Aus-
sichten eröffnet. Es ist um so werthvoller, dies konstatiren
zu können, als noch vielfach das Urtheil verbreitet ist, als
seien unsere Kunsthandwerker nur schematisch arbeitende,
in historischen Stilen erzogene und verknöcherte Werkleute,
die nicht im Stande seien, dem hohen Geistesflug moderner
Künstler zu folgen. Der Künstler selbst vermag aber nur
in den seltensten Fällen seine Ideen und Absichten in die
grossen Massen des Volkes hineinzutragen; das kann eigentlich
nur der Maler und der Bildhauer, deren Werke unmittelbar
zu uns sprechen und den Geist des Künstlers auf uns wirken
lassen. Was sonst die Kunst populär macht, das ist die Mit-
wirkung der reproduzirenden Künstler, der Kunsthandwerker,
von deren künstlerischer Auffassung der ihnen gestellten
Aufgaben es vorzugsweise abhängt, die Gedanken und Ziele
der Kunst im Volke heimisch zu machen. Darum hat das
Kunsthandwerk immer dann geblüht, wenn Künstler und
Kunsthandwerker in getreulichem gemeinsamem Schaffen sich
gegenseitig zur höchsten Entfaltung ihres Könnens anfeuerten
und in solcher Wechselwirkung die eigene Kraft zur vollen
Entfaltung brachten. Und wo das Kunsthandwerk Vollendetes
schuf, da hat auch die hohe Kunst Verständniss in den breiten

1900. xii. 1.
 
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