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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 30.1919

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Matthaei, Adelbert: Der "Cecilienhof" in Potsdam
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https://doi.org/10.11588/diglit.10021#0346

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326

INNEN-DEKORATION

PROFESSOR PAUL SCHULTZE-NAUMBURG

CECILIENHOF. GROSSER HOP MIT HAUPTEINFAHRT

Behauptung, daß das im Barock geschehen sei, kann ich
mich ebensowenig anschließen, wie den Ausführungen
von Cürlis und Stephany, daß »Anknüpfen« und »Weiter-
entwickeln« nur heiße, die Uberlieferung »gut zu bauen«
aufrecht erhalten, und das nur »dieses Können an sich, was
sie vermittelt, den Wert der Tradition ausmacht«. —

Es handelte sich beim Cecilienhof nicht um eine An-
lage, in der der Kronprinz als solcher und später als
Monarch »repräsentieren« wollte, sondern um ein reines
Familienheim, das natürlich bei einem Fürsten einen grö-
ßeren Zuschnitt haben mußte. Daher gliedert sich das
Ganze klar in drei Baugruppen, die sich um drei Höfe,
bezw. Hofgruppen ziehen: die Bauten für das Elternpaar
um den großen Hof, die Räume für die Kinder um den
kleinen Hof und die Wirtschaftsräume, die drei kleine
Höfchen umschließen. Dabei hat sich der Architekt nicht
vom Streben nach strenger Symmetrie leiten lassen, son-
dern die Gruppen so angeordnet, wie es die Beziehungen
zu einander und die Rücksicht auf das Gelände erheischten,
also charakteristisch. Der Flügel der Hausherrin tritt zu-
rück gegen den des Hausherrn, an die Räume der Mutter
schließt sich der Kinderhof und an den Speisesaal auf
der andern Seite die Wirtschaftsgruppe an. Ostendorfs
Auffassung, der mit der Definition: ein Bauwerk ent-
werfen heiße, die einfachste Erscheinungsform für ein
Bauprogramm finden, sein Streben nach strengster Sym-
metrie rechtfertigt und die Symmetrie für das Überlegene

hält, kann ich nicht teilen; sowenig wie ich etwa in einem
glatt gestrichenen Backstein dem rauhen gegenüber die
überlegene Leistung sehen kann. Jeder kann an seinem
Platze vortrefflich wirken. Ich bin mit Jakob Burckhardt
und Dehio der Uberzeugung, daß die Symmetrie in
ihrer strengsten Form uns nicht liegt.

Die ganze Anlage ist mit Räumen von geringer Höhe
zweistöckig gehalten, das untere Stockwerk massiv, das
obere in Fachwerk. Nur die Haupthalle geht massiv zwei-
stöckig durch. Ein kräftiges, nicht übertrieben hohes
Satteldach, wie es der deutschen Baukunst bis zum Uber-
wiegen des italienischen Einflusses eigentümlich war,
deckt die Bauglieder ab. Dieses Dach geht nicht auf
»Deutschtümelei« zurück, sondern findet seine praktische
Verwendung. Was die Formen angeht, die sparsam auf-
treten, so knüpfen sie an die Bauweise des 15. Jahrhun-
derts an. Leider ist hier auf Wunsch des Bauherrn, der
während des Bauens einen englischen Architekten zu
Rate zog, an die Stelle der deutschen Formengebung
vielfach die englische getreten, wie man an den Tudor-
bögen, dem Fachwerkmuster und den dekorativ gehal-
tenen Schornsteinen sieht. Der ursprüngliche Entwurf
Schultze-Naumburgs, wie man an dem Modell, das bei
ihm in der Viktoriastraße in Berlin zu sehen ist, beob-
achten kann, hat das alles nicht. Auch die Änderungen,
die man an der nach dem Jungfernsee gelegenen Front
in dem weit vorspringenden und unvermittelt aufsetzenden
 
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