Photographie im Hochgebirge.
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Verschlüssen vor dem Objectiv, zu denen man durch die her-
gebrachte Form der Fassungen gezwungen ist, weit vorzuziehen;
denn bei letzteren werden nie alle Theile des Bildes wirklich
gleichzeitig belichtet, sondern, wenn auch noch so schnell, nur
nacheinander. Durch die richtige Construction aber wird zu-
gleich auch jede Erschütterung während der Exposition viel
unschädlicher und das Stativ bei Momentaufnahmen vollkommen
entbehrlich. Ganz besonders eignet sich diese Einrichtung
auch für Stereoskopen, wobei ein gemeinschaftlicher Kasten
für beide Objective wie für den gemeinschaftlichen Blenden-
und den Momentschieber dient. Obwohl die auffallende Ver-
nachlässigung des genannten Zweiges der Photographie haupt-
sächlich ihren Grund hat in der Mangelhaftigkeit der Stereoskope,
sowie in der allgemeinen Unkenntniss der dabei in Frage
kommenden Principien, so spielt in zweiter Linie doch wohl
auch der Kostenpunkt eine Bolle, der natürlich bei Achromaten
in Folge der nothwendigen Doppeleinriehtung sehr ins Gewicht
fällt. Dies dürfte also das Fach sein, auf dem die materiell
fast werthlosen Brillengläser am nützlichsten zur Anwendung
kommen können, abgesehen von vielen Fällen, wo für besondere
Zwecke ein billiges, leicht zu beschaffendes Objectiv erwünscht
sein kann.
Photographie im Hochgebirge.
Von Dr. Paul Güssfeldt in Berlin.
So wenig ein Bildhauer im Stande ist, eine Porträtbüste
aus der Erinnerung zu modelliren, auch wenn er das Original
häufig gesehen hat, so wenig vermag der Beisende, eine ihm
vertraute Landschaft porträtähnlich in seinem Geiste zu recon-
struiren. Im Anblick einer Photographie, an Ort und Stelle
von ihm aufgenommen, vermag er das nahezu; allerdings nicht
so gut, als wenn er eine Zeichnung, selbst eine nicht ganz
richtige, aufgenommen hätte.
Eine unentwirrbare Zahl von Einzelmomenten bringt der
Eindruck einer Landschaft hervor; sie sind aber nicht alle
gleichwerthig, und dem Künstler ist es Vorbehalten, durch
sein Werk gewissermassen die Spreu von dem Weizen zu son-
dern, die minderwerthigen Momente zu unterdrücken und
lediglich das Charakteristische zur Darstellung zu bringen.
Für die Photographie dagegen, welche Alles ohne Auswahl
giebt, gilt Lessing’s Wort: Weniges wäre mehr. Daher der
oft verwirrende Eindruck ihrer getreuen Zeichnung mit den
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Verschlüssen vor dem Objectiv, zu denen man durch die her-
gebrachte Form der Fassungen gezwungen ist, weit vorzuziehen;
denn bei letzteren werden nie alle Theile des Bildes wirklich
gleichzeitig belichtet, sondern, wenn auch noch so schnell, nur
nacheinander. Durch die richtige Construction aber wird zu-
gleich auch jede Erschütterung während der Exposition viel
unschädlicher und das Stativ bei Momentaufnahmen vollkommen
entbehrlich. Ganz besonders eignet sich diese Einrichtung
auch für Stereoskopen, wobei ein gemeinschaftlicher Kasten
für beide Objective wie für den gemeinschaftlichen Blenden-
und den Momentschieber dient. Obwohl die auffallende Ver-
nachlässigung des genannten Zweiges der Photographie haupt-
sächlich ihren Grund hat in der Mangelhaftigkeit der Stereoskope,
sowie in der allgemeinen Unkenntniss der dabei in Frage
kommenden Principien, so spielt in zweiter Linie doch wohl
auch der Kostenpunkt eine Bolle, der natürlich bei Achromaten
in Folge der nothwendigen Doppeleinriehtung sehr ins Gewicht
fällt. Dies dürfte also das Fach sein, auf dem die materiell
fast werthlosen Brillengläser am nützlichsten zur Anwendung
kommen können, abgesehen von vielen Fällen, wo für besondere
Zwecke ein billiges, leicht zu beschaffendes Objectiv erwünscht
sein kann.
Photographie im Hochgebirge.
Von Dr. Paul Güssfeldt in Berlin.
So wenig ein Bildhauer im Stande ist, eine Porträtbüste
aus der Erinnerung zu modelliren, auch wenn er das Original
häufig gesehen hat, so wenig vermag der Beisende, eine ihm
vertraute Landschaft porträtähnlich in seinem Geiste zu recon-
struiren. Im Anblick einer Photographie, an Ort und Stelle
von ihm aufgenommen, vermag er das nahezu; allerdings nicht
so gut, als wenn er eine Zeichnung, selbst eine nicht ganz
richtige, aufgenommen hätte.
Eine unentwirrbare Zahl von Einzelmomenten bringt der
Eindruck einer Landschaft hervor; sie sind aber nicht alle
gleichwerthig, und dem Künstler ist es Vorbehalten, durch
sein Werk gewissermassen die Spreu von dem Weizen zu son-
dern, die minderwerthigen Momente zu unterdrücken und
lediglich das Charakteristische zur Darstellung zu bringen.
Für die Photographie dagegen, welche Alles ohne Auswahl
giebt, gilt Lessing’s Wort: Weniges wäre mehr. Daher der
oft verwirrende Eindruck ihrer getreuen Zeichnung mit den