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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 2.1887

DOI Artikel:
Sybel, Ludwig von: Zwei Bronzen
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.36645#0029

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Haupt auf die Hand gelehnt; Köcher und Bogen am Fels. Ähnlich das Blei H73/M/2'
1881, tav. T 2 und die Gemme Tischbein Mil. Fig. 26, nur dafs in ersterem die
Kopfdrehung aufgegeben ist, aber die Hohle wiedererscheint, während in letzterer
beide Hände einen Stock fassen und der Köcher fehlt. Silbermünze aus Lamia
Mil. Fig. 28 ähnlich, aber die R. hält Köcher und Bogen auf den Oberschenkel
gestützt; Phil, blickt vor sich nieder. Kupfermünze ebendaher Arch. Zeit. 18/1,
Fig. 1 Mil. Fig. 2p, Phil, sitzt an der Erde, das 1. Bein vorgestreckt, das r. gekrümmt,
die Wunde fehlt, die L. ist zurückgestemmt, die Rechte greift verzweifelt an den
Pilos; der Blick geht nicht in die Weite. Das Sitzen an der Erde hat die Kupfer-
münze gemeinsam mit dem vierten Typus, in welchem Philoktet mit einem Fittig
die Insekten von der Wunde scheucht: Sardonyx Choiseul-Goufher
1881 T4 mit der Inschrift ßo^hou.
Confrontiren wir den Typus unserer Bronze mit den Philoktettypen, so fragt
sich erstens, ob er unter ihnen überhaupt wiederkehrt, zweitens ob die Figur als
Philoktetes gegeben ist. Typologisch zeigt sie sich dem Typus des trauernd
Sitzenden nahverwandt, in der Beinstellung am nächsten der ersten Reihe (etruski-
sche Urnen Mil. Fig. 44. 4$), dem Aryballos aber im Gegensinne. Bei letzterem
findet sich auch die zurückgestemmte Hand, wie ferner auf beiden Münzen von
Lamia und im Berliner Carneol. Die an das pilosbedeckte Haupt gelegte Rechte
hat nur die Kupfermünze, auf welche Furtwängler sich bezieht; doch ist die Blick-
richtung verschieden.
Wie die Darstellungen des sitzenden Philoktetes sich nicht in Einem Typus
vereinigen lassen, so ist auch unsere Figur mit keinem unter ihnen ganz überein-
stimmend. Aber ist es sicher Philoktet? Furtwängler selbst spricht sich zweifelnd
aus unter Hinweis auf die fehlenden Attribute des Verbandes und des Bogens.
Statt dessen besitzt unser Held Schwerdt und Doppelspeer, welche wiederum für
Philoktet nicht bezeichnend sind, wenn schon Geberde und Ausdruck den Verlasse-
nen charakterisiren können, welcher den treulosen Gefährten trauernd nachblickt.
Doch ist es nicht ganz das philoktetische Pathos des in Krankheit Verlassenen, der
am Stabe hinkt, oder am Fels sich hinschleppt, oder in schmerzvoller Versunkenheit
dasitzt oder seine Wunde wartet. Unser Held falst sich schmerzlich ergriffen an
die Stirne; sein Blick aber ist nicht auf sich selbst gerichtet, weder auf eine Wunde
noch auf sein Geschick, sondern in die Weite. Er scheint eine Felswarte erstiegen
zu haben, um sehnsüchtige Blicke in die Ferne zu senden. So könnte Odysseus
auf Ogygia's Küste sitzen (Odyssee a 156):
0' D TraipYjgL xal xahG^v
TrovTov en' dipoYsiov oapxacxaio oaxpoa Wßow.
Und die Bronze so verstanden spiegelt Homer's Zeichnung noch unmittelbarer
wieder als der mit H bezeichnete Berliner Sarder (Tölken 4, ß8/. Overb. Gail.
Taf. ßi, /), welcher den sitzenden Helden das Haupt herumwenden (also ihn doch
nicht in die Ferne blicken) läfst, ähnlich dem Berliner Philoktetcarneol (Tölken
4, ß4$. Overb. Gail. Taf. 24, 10. Milani Fig. 2/).

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