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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 2.1887

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Heydemann, Heinrich: Hetaere Kallipygos
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https://doi.org/10.11588/diglit.36645#0138

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I2Ö


Die Zeichnung ist Hott und sicher, in der gewöhnlichen Art der späteren
unteritalischen Malerei, die Ausführung mit weifser und gelber Deckfarbe über-
laden: so sipd gelb z. B. die Haare der Frau, die Schale und die Trinkhörner auf
dem Tisch; weifs dagegen sind die Kränze, die Hypothymiades, das eine Kopf-
kissen, der Kottabosständer, die Maske, der Baum u. a. mehr; weifs ist auch das
Nackte der Hetäre — Hoxyj ?.rrö yXcuiotv Tplfsav euaAyj (Anth. pal. V ß$, 4). Darge-
stellt ist eine Scene des Symposions. Auf einer hochgepolsterten Kline liegen zwei
Jünglinge, mit Kränzen und Hypothymiades geschmückt, unterwärts im Mantel; der
Eine hält eine Trinkschale in der Linken, der Andere einen Zweig. Vor ihnen
steht ein rundes Tischchen, mit verschiedenen Trinkgefäfsen auf und unter ihm;
an ihm lehnen zwei Flöten. Neben der Kline gewahren wir einen Kottabosständer;
oben hängt eine weifsbemalte Maske. Auf der Erde endlich liegen und oben hän-
gen überall zur Raumfüllung Zweige; rechts schliefst ein belaubter Baum die Dar-
stellung ab — unwillkührlich denkt man an die Beschreibung bei Alkiphron, deren
poetische Vorlage nach Kock's Herstellung etwa so lautete:
ouDV TS yapfauv Tik7jps<r (pSai, 3x(öp,p,KTGp
Ttoiosi Tpay/jucrr'. unooxLo?
8a(pxca3U' xaraxXtcts' x*E
Noch mehr aber erinnert an Alkiphron und seine Komödienvorlage das Gebahren
der Hetaere, welches der Symposionscene der Vase vorläuhg einzig eigenthümlich
ist: sie hat, der Kline ihre Rückseite zuwendend, mit beiden Händen den langen
dorischen Schlitzchiton hinten hoch emporgerafft und zeigt nun ihre sunoyD den
beiden Jünglingen, welche solchen Anblick neugierig und erstaunt gemessen. Die
Übereinstimmung mit der sog. Venus Kallipygos ist schlagend; der Hauptunter-
schied liegt in der Haltung des Kopfes, den die MarmorHgur selbstgefällig und
freudig auf ihre Rückseite hinunterrichtet. Dadurch wird die Darstellung des Mar-
morbildes, das als Einzelstatue gedacht ist, abgerundeter und zugleich naiver, wäh-
rend die Hetaere des Vasenbildes eitel und frech das Gesicht zu den Männern um-
dreht, um die Wirkung ihres Thuns und ihrer Körperformen auf die Zuschauer zu
beobachten: E06, cxoTrat. 10 ypiÖpxx lös ^x*/jpaiox!
Auf einer anderen Vase, die sich früher in der Hope'schen Sammlung fand
(Arch. Anzeig. 1849 S. 98 f.), ist dies Hetaerenmotiv auf eine Bacchantin übertragen,
welche einem ithyphallischcn Satyr gegenübersteht. Hetaeren und Bacchantinnen
berühren sich ja häufig genug im Geniefsen und im Aufsern roher Sinnlichkeit, und
so hat eine Baccha Kallipygos ebenso wenig auffälliges als eine Hetaere Kallipy-
gos, während uns nichts berechtigt, die schaumgeborne Aphrodite in diesem Hetaeren-
motiv dargestellt zu Hnden — die Cameodarstcllung eines Parisurthcils bei Zannoni
On/. XXII 2 = Overbeck Sagenkr. XI 7 ist meiner Ueberzeugung nach
modern.

Halle a. S.

H. Heydemann.
 
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