Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Schäfer, Georg
Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen: Inventarisirung und beschreibende Darstellung der Werke der Architektur, Plastik, Malerei und des Kunstgewerbes bis zum Schluss des XVIII. Jahrhunderts: Provinz Starkenburg: Kreis Erbach — Darmstadt, 1891

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.18295#0029

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
BREUBERG

begrenzt die Westseite des Thorbaues. Der rundbogige Eingang der Burg zeigt
an seinen Laibungen schlichte Renaissanceformen. Dagegen überragt den Bogen ein im
nämlichen Stil vorzüglich gemeisseltes Reliefwappen mit antikisirendcr Pilastrirung
und der Jahrzahl 149g; darunter die Inschrift: JllSiiljd • or>ratie. 31t • llPert'ljcm ?c.
(Fig. 7.) — Stil und Datum der Skulptur stimmen nicht zusammen Für ein so
frühes abgeklärtes Erscheinen der Renaissance gibt es im ganzen Umfang der mittel-
rheinischen Zone kein Analogon. Auch scheint es nicht wohl denkbar, dass der
nämliche Graf Michael von Wertheim (es ist Michael II, 1497—1531 gemeint)
am Schluss des 15. Jahr-
hunderts ein Wappenbild
nach den Gesetzen des
neuen Stiles habe anfer-
tigen lassen, um wenige
Jahre nachher zum gothi-
schen Vegetativstil wieder
zurückzukehren, wofür der
monumentale Denkstein
aus dem Anfang des 16.

Jahrhunderts im west-
lichen Zuge der Festungs-
mauer (s. u. Fig. 23 S. 38)
ein sprechendes Zeugniss
ist, und ganz abgesehen
von der Thatsache, dass
selbst i. J. 1568 (s. u. S. 27)
die Gothik auf dem Breu-
berg noch nicht erloschen
war. Es hiesse somit der
Wappentafel am Burgthor
zuviel Ehre anthun, wollte
man dieselbe, wie mit-
unter geschieht, als eines
der frühesten Denkmäler
deutscher Renaissanceplastik ansehen. Eher könnte die Skulptur — ein Vergleich
mit der Pilastrirung am Zeughausportal von 1528 (s. u.) unterstützt diese Möglich-
keit — der Schlussära der langen Regierung Michael's II angehören in dem Sinne,
dass die Jahrzahl 1499 nicht auf die Entstehungszeit des Wappens, sondern auf
den Beginn des von Graf Michael angelegten neuen Befestigungsgürtels sich be-
zieht. Wie dem auch sei: den Kunstgelehrten und Epigraphikern sei hiermit das
tragliche Wappen als wissenschaftliches Streitobjekt überliefert. — An der Seite des
Thores steht auf einem Werkstück die Jahrzahl 1550. Wir wagen nicht zu ent-
scheider^, ob dieselbe für den gesammten Thorbau zu beanspruchen sei oder nur
für eine stellenweise Erneuerung des Mauerwerkes. Im ersteren Falle würde die
Wappeneinfügung erst nach Graf Michael's Ableben erfolgt sein.

Fig. 7. Breuberg. Wappen am Burgthor.
 
Annotationen