BREUBERG
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das um so befremdlicher wirkt bei der Erwägung, dass weder kriegerische Ereig-
nisse noch Brandschaden, noch unzuverlässiger Baugrund oder andere sogen.
Setzungserscheinungen diesen bedauerlichen
Zustand herbeigeführt haben. Die Trümmer,
welche der Beschauer um sich her und
über den Galierie-Wohnbau hinweg am Zeug-
haus erblickt, sind das Ergebniss moderner
Barbarei. Bis in die dreissiger Jahre wurden
die alten Palatialbaudenkmäler, die der Stolz
der Väter und der längsten Dauer würdig
waren, als Steinbruch benützt und zur Er-
richtung von Neubauten im nahen Neustadt
schonungslos ausgebeutet. So wurde ein be-
trächtlicher Theil der Breuberger Renaissance-
Schlossarchitekturen gewaltsam in Ruinen ver-
wandelt, an denen nun die Witterungsein-
flüsse das Zerstörungswerk weiterführen. Die
Namen derer aber, die solche Verwüstung
in ultraökonomischem Vandalismus am grünen
Tisch ersonnen und durchgesetzt haben,
leben im Gedächtniss der Anwohner fort, behaftet mit dem Brandmal schmach-
voller That.
Am nordwestlichen Rande der zwischen dem inneren und äusseren Wehr- Unterirdischer
Gang
graben liegenden, nun gärtnerischen und anderen wirthschaftlichen Zwecken dienenden
vorerwähnten Burgstelle befindet sich eine halbzerstörte Terrassenanlage und dicht
daneben die in trefflichen Werkstücken aufgemauerte Oeffnung eines unterirdischen
Ganges, welcher der Volksphantasie von jeher zu den kühnsten, auch von sonst ganz
ernsthaften Personen geglaubten Meinungen Anlass gab. Es wurde steif und fest
angenommen, besagter Gang verzweige sich in der Tiefe nach zwei entgegengesetzten
Richtungen hin, die eine Richtung führe nach Neustadt, die andere sogar bis
Hainstadt. Wir liessen es uns angelegen sein, die »vielhundertjährige Ueberlieferung«
auf Grund des Thatbestandes zu prüfen und verfolgten nicht ohne Mühe und An-
strengung den ziemlich steil abfallenden, mit vorkragenden Steinbalken bedeckten
ausgemauerten Gang, dessen tüchtige Struktur und Meisseltechnik den Renaissance-
Ursprung, besonders im Aufbau der Oeffnung, in. keinem Zuge verläugnet. Soweit
die Anlage zugänglich ist, sind ihre Wendungen durch zwei tonnengewölbte Podeste
unterbrochen, die mit verrammelbaren Durchlässen versehen und so hoch sind,
dass ein Erwachsener darin aufrecht stehen kann, während der Gang selbst an
verschiedenen Stellen durch die daselbst angesammelten Erdmassen nur ein kümmer-
liches Durchkriechen gestattet. Bald nach dem zweiten Podest hemmt eine Ver-
mauerung das weitere Vordringen. Es kann jedoch keinem Zweifel unterliegen,
dass die Fortsetzung des Ganges nur bis zur Grabensohle sich erstreckt, wo eine
geblendete Poterne in der Böschungsmauer der Umwallung den Ausgang bezeichnet.
Der mysteriöse Tiefbau hatte sonach keinen anderen Zweck als die Herstellung
Fig. 22. Breitberg.
Konsole von der Renaissame- Ruine
zwischen Kasimirbau und Zeughaus.
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das um so befremdlicher wirkt bei der Erwägung, dass weder kriegerische Ereig-
nisse noch Brandschaden, noch unzuverlässiger Baugrund oder andere sogen.
Setzungserscheinungen diesen bedauerlichen
Zustand herbeigeführt haben. Die Trümmer,
welche der Beschauer um sich her und
über den Galierie-Wohnbau hinweg am Zeug-
haus erblickt, sind das Ergebniss moderner
Barbarei. Bis in die dreissiger Jahre wurden
die alten Palatialbaudenkmäler, die der Stolz
der Väter und der längsten Dauer würdig
waren, als Steinbruch benützt und zur Er-
richtung von Neubauten im nahen Neustadt
schonungslos ausgebeutet. So wurde ein be-
trächtlicher Theil der Breuberger Renaissance-
Schlossarchitekturen gewaltsam in Ruinen ver-
wandelt, an denen nun die Witterungsein-
flüsse das Zerstörungswerk weiterführen. Die
Namen derer aber, die solche Verwüstung
in ultraökonomischem Vandalismus am grünen
Tisch ersonnen und durchgesetzt haben,
leben im Gedächtniss der Anwohner fort, behaftet mit dem Brandmal schmach-
voller That.
Am nordwestlichen Rande der zwischen dem inneren und äusseren Wehr- Unterirdischer
Gang
graben liegenden, nun gärtnerischen und anderen wirthschaftlichen Zwecken dienenden
vorerwähnten Burgstelle befindet sich eine halbzerstörte Terrassenanlage und dicht
daneben die in trefflichen Werkstücken aufgemauerte Oeffnung eines unterirdischen
Ganges, welcher der Volksphantasie von jeher zu den kühnsten, auch von sonst ganz
ernsthaften Personen geglaubten Meinungen Anlass gab. Es wurde steif und fest
angenommen, besagter Gang verzweige sich in der Tiefe nach zwei entgegengesetzten
Richtungen hin, die eine Richtung führe nach Neustadt, die andere sogar bis
Hainstadt. Wir liessen es uns angelegen sein, die »vielhundertjährige Ueberlieferung«
auf Grund des Thatbestandes zu prüfen und verfolgten nicht ohne Mühe und An-
strengung den ziemlich steil abfallenden, mit vorkragenden Steinbalken bedeckten
ausgemauerten Gang, dessen tüchtige Struktur und Meisseltechnik den Renaissance-
Ursprung, besonders im Aufbau der Oeffnung, in. keinem Zuge verläugnet. Soweit
die Anlage zugänglich ist, sind ihre Wendungen durch zwei tonnengewölbte Podeste
unterbrochen, die mit verrammelbaren Durchlässen versehen und so hoch sind,
dass ein Erwachsener darin aufrecht stehen kann, während der Gang selbst an
verschiedenen Stellen durch die daselbst angesammelten Erdmassen nur ein kümmer-
liches Durchkriechen gestattet. Bald nach dem zweiten Podest hemmt eine Ver-
mauerung das weitere Vordringen. Es kann jedoch keinem Zweifel unterliegen,
dass die Fortsetzung des Ganges nur bis zur Grabensohle sich erstreckt, wo eine
geblendete Poterne in der Böschungsmauer der Umwallung den Ausgang bezeichnet.
Der mysteriöse Tiefbau hatte sonach keinen anderen Zweck als die Herstellung
Fig. 22. Breitberg.
Konsole von der Renaissame- Ruine
zwischen Kasimirbau und Zeughaus.