Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Schäfer, Georg
Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen: Inventarisirung und beschreibende Darstellung der Werke der Architektur, Plastik, Malerei und des Kunstgewerbes bis zum Schluss des XVIII. Jahrhunderts: Provinz Starkenburg: Kreis Erbach — Darmstadt, 1891

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.18295#0201

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
KREIS ERBACH

grenzt, die aus spiralförmigen Untersätzen emporsehiessen und in schlanke Eckfialen
auslaufen. Die zwischen diesen letzteren ausgespannte ornamentale Bekrönung be-
steht aus einem luftig durchbrochenen Baldachin von vier flach geschwungenen,
bossengeschmückten und mit feingegliederten Verstabungen durchzogenen Spitzbögen
in der geschweiften Form des sogen. Eselsrückens. Die zum Theil freischwebend
gearbeiteten Baldachin bögen tragen Kreuzblumen auf dem Scheitel und sind mit
Fialen besetzt. Ueber dem oberen Inschriftenfries deckt ein Hohlkehlen-Kranz-
gesims den Baldachinbau ab, unter welchem die stattlichen, nahezu lebensgrossen
Gestalten der beiden gewappneten Schenken auf den bekannten symbolischen
Thierfiguren, Löwe und Brake, stehen. Ungeachtet der Schwere der den Körper
vom Helm bis zu den Fussspitzen einhüllenden Kampfrüstungen zeigt das stattliche
Schenkenpaar Vater und Sohn den Ausdruck leichter, ritterlicher Bewegtheit. Mit
anerkennenswerthem Meisselgeschick sind die Bestandtheile der Bewaffnung bis in die
kleinsten Einzelformen durchgeführt. In der Auffassung herrscht eine gewisse Gleich-
förmigkeit. Bei beiden Gestalten liegt die Rechte am Schwert, in der Linken halten sie
den Schild mit dem Hauswappen und dem von Büffelhörnern überragten Stechhelm,
von welchem reiches Rankenwerk mit stilisirten Blättern ausgeht. Die Plattenrüstung
des Schenken Georg ist in den Einzelheiten prunkvoller als diejenige des Schenken
Philipp. In den Haupttheilen stimmen jedoch beide Rüstungen überein, insofern
an das Bassinet mit aufgezogenem Nasale die Kinnkappen gleichmässig sich anlegen,
worauf Harnische und gegliederte Lendner in guter Ausführung folgen. Auch die
Behandlung der Schulterstücke, Ellbogenkapseln, Beinschienen sammt den spitzen
Eisenschuhen verräth grosse Sorgfalt. In Auflassung wie Technik gehört die Gruppe
zu den tüchtigsten Schöpfungen der Figurenplastik ihrer Zeit. Leider ist der Name
des augenscheinlich von der fränkischen Schule berührten Meisters unbekannt.
Seine rühmliche Stellung in der Kunstgeschichte bleibt ihm übrigens durch sein
Werk gesichert, dem denn auch die wohlverdiente Ehre widerfahren ist, im Gips-
abguss die Sammlungen des Germanischen Museums in Nürnberg zu schmücken.
Die Randschriften des Monumentes lauten :

2lnno • bin • fl) • ltcc tili liff • »fant • Sebastian • tag • \§t ■ gestorben
bet • cbd • luiti • luotgeöotn • »idjendt • pliiiius • Ijcr • bon • erparf) • bc • gat •
0ii ab •

SGfta • bni • CD • ircctyjri • liff • Gant • gcrbrauten • tag • starb • bet • cbel •
lind Itungeborn »trijciuli Slorg • ljcr • Imn • crpadj • bc • gat • gnob •

Unter den jüngeren, dem Stilgesetz der Renaissance folgenden Grabmälern
ist das aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts stammende Monument des
Grafen Eberhard I und seiner Gemahlin Maria von Wertheim, obgleich es
auf die figürliche Darstellung der Verstorbenen verzichtet und auf ornamentale
Ausstattung sich einschränkt, durch edle Formensprache im Vegetativen höchst be-
achtenswerth. Im Umfang der Odenwaldzone ist diess Grabmal nicht nur durch
seine Zeitstellung als eine verhältnissmässig frühe, sondern in stilistischem Betracht
gradezu als eine hervorragende Leistung deutscher Renaissance zu bezeichnen.
(Fig. 92 und c im Grundriss.) Der Denkstein füllt die Ostwand des dem südlichen
 
Annotationen