Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Schäfer, Georg
Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen: Inventarisirung und beschreibende Darstellung der Werke der Architektur, Plastik, Malerei und des Kunstgewerbes bis zum Schluss des XVIII. Jahrhunderts: Provinz Starkenburg: Kreis Erbach — Darmstadt, 1891

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.18295#0259

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
RIMHORN

227

Jahrzahl 1684. Den Giebel überragt ein moderner Dachreiter mit schmiedeisernem
Kreuz; letzteres stimmt in seiner barocken Stilisirung vollkommen zum Zeitverhältniss
des Giebels und mag wohl von dem abgetragenen älteren Thürmchen herrühren.

Eine Glocke ist von folgender Randschrift umgeben: Glocke

JOH. U. ANDREAS SCHNEIDEWIND 1721 GOSS MICH VOR DIE
GEMEINDE RIMHORN.

Zwei Fensterpaare erhellen das Langhaus. Nur die beiden Fenster auf der
Nordseite sind alt; ihre Gewände zeigen gothische Kehlungen; aus den Spitzbogen-
schlüssen ist das Maasswerk verschwunden. Das südliche Fensterpaar ist in gothi-
^ sirenden Formen erneuert. Auch die einfach rechteckigen Eingänge sind neu. Die
Veränderungen durch die Spätrenaissance begannen i. J. 1722 am Innenbau mit
Einziehung einer Flachdecke, die aus den Hochwänden nach Art der Spiegelgewölbe
unter Vermittelung volutenartig gewundener Konsolen sich entwickelt und innerhalb
einer in ihrer Mitte befindlichen Stucco-Umrahmung- mit einem Frescobilde geschmückt

O O

war, das vor einiger Zeit der Hand des Weissbinders zum Opfer fiel. Gleichzeitig
mit der Flachdecke entstand der zum Chorraum führende Triumphbogen, über dessen
runder Schwingung ein in mehr anspruchsvollen als wirklich künstlerischen Barock-
formen prunkendes, von Löwen bewehrtes Allianzwappen der Adelsfamilien Bern-
storff und Prettlack in Relief angebracht ist. — Der in Uebereinstimmung mit dem

o o

Langhause flach eingedeckte Chor erhält sein Licht durch ein gut erhaltenes, dem
gothischen Baustadium angehöriges, zweitheiliges Fenster mit tief gekehlten Gewänden,
zwei Dreipässen zwischen den Pfosten und einem Vierpass im Spitzbogenschluss.

Am meisten ist das gothische Grundgepräge der Kirche an der Aussenseite Sakristei
der Sakristei erhalten geblieben, wo der frühere in Folge von Rutschungen einer
dicht daranstossenden Bodenerhöhung verdeckte Sockel seit einiger Zeit wieder frei-
gelegt ist und eine gediegene Hausteintechnik erkennen lässt. Kaffgesims und Kranz-
gesims dieses Bautheiles zeigen kräftige Wasserschläge mit scharfer Unterschneidung.
Die Sakristeithüre schliesst im Spitzbogen, während die Lichtöffnungen den von der
Spätgothik mannigfach wieder aufgenommenen Rundbogen in Verbindung mit zwei
Dreipässen aufweisen, von denen der eine alt^ der andere neu ist. An der Nord-
ostecke der Sakristei, dicht unter dem Kranzgesims und durch die Mauerkante von
einander getrennt, sind die gothischen Wappenschilde der Herren von Hattstein
und von Rodenstein als Reliefbilder aus dem Steinwerk gehauen. Das Hattsteinische
Wappen ist von der lateinischen Majuskel H in viermaliger Wiederholung um-
geben; darunter steht die Jahrzahl 1523 (1523) und das Steinmetzzeichen
Die Majuskeln H R in dem zweiten Wappen dürften auf Hans von Roden-
stein zu beziehen sein, welcher um diese Zeit in Rimhorn begütert war und
sonach am Kirchenbau mitbetheiligt gewesen sein kann; es sei denn, dass die beiden
heraldischen Schilde als Allianzwappen zu fassen sind.

Die Formgebung der an den Panneelfüllungen mit kleinen Spiralsäülen besetzten Skulpturen,

Geräthe, Gefässe

Kanzelbrüstung deutet auf den Schluss des 17. Jahrhunderts; der Schalldeckel ist
um ein Jahrhundert jünger*). -— Das mit Arabesken und anderen klassicirenden

*) Der Krucifixus des Altares ist ein Gipsabguss nach einem guten modernen Original.

15*
 
Annotationen