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Aus'mWeerth, Ernst [Hrsg.]
Kunstdenkmäler des christlichen Mittelalters in den Rheinlanden (3. Band): Bildnerei — Leipzig: T. O. Weigel, 1868

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https://doi.org/10.11588/diglit.18499#0019
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SIEGBUKG.

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und Metropolitan der Bisthümer Lültich und Utrecht, Minden, Münster und Osnabrück, als
zweifacher Erzkanzler sowol der römischen Kirche als des römischen Reiches in Italien, als
Reichsverweser zu den mächtigsten Grossen, durch Energie des Charakters und geistige
Bildung zu den hervorragendsten Persönlichkeiten seiner Zeit gehörte — bald weit und
breit Besitzungen und Gerechtsame. Kaiser Heinrich IV. gewährte der Abtei Siegburg schon
Zoll-, Markt- und Münz-Gerechtigkeiten in ihrem Gebiete. Anno's Liebe zu seiner Stiftung
dauerte bis zu seinem Tode, denn er bestimmte kurz vor demselben, in Siegburg begraben
sein zu wollen. 1075 fand seine Beisetzung daselbst statt. Denkmäler von Anno's Vor-
liebe für Siegburg, wie Zeugnisse des geistigen Lebens des Klosters sind die dort entstan-
denen Vitae Annonis, die Translatio Annonis und das Annolied. 2 Dass auch eine Kunst-
werkstatt hier war, ergeben die Ausführungen zur Beschreibung des Annoschreines. Die
Abtei bestand unter einer Reihe von 46 Aebten bis zu ihrer Aufhebung 1803. Aus ihren
Umwohnern hatte sich frühzeitig eine Stadt gebildet, die im 12. Jahrb. schon eine eigene
Pfarrkirche,3 im 13. Jahrb. spätestens Festungsmauern erhielt und nachher sich ein trau-
riges Denkmal des frommen Eifers jener Zeit in zahlreichen Hexenprocessen unerhörtester
Art errichtete. 4

Der grosse , seit Anno's Vorliebe für Reliquien 5 entstandene Reichthum an kostbaren
Behältern und Kirchenschmuck, die alten Bauten,6 die Gräber mehrerer Kirchenfürsten7
gingen bei verschiedenen Bränden , so 1649 und 1772, und durch die mit der Aufhebung
der Abtei verbundene Verschleuderung verloren. 8

2. Janssen in den Ann. d. hist. Yer. für d. ISTiederrhein, I. 1. p. 88 ff.

3. Zum ersten Male veröffentlicht v. Jungbecker im 15. Jahrg. d. Organs für christl. Kunst.
Eine Urkunde vom 13. ISTov. 1169 im Düsseldorfer Archiv, worin die Leute von Bergheim
von der Beitragspflicht zur baulichen Unterhaltung der Siegburger Kirche befreit werden,
zeigt deren höheres Alter.

4. Mittheilungen daraus giebt Schwaben. Die Originalien befinden sich im Pfarr-Archive.

5. Die Sucht nach Reliquien riss Anno hin, sie fremden Kirchen mitunter gewaltsam zu
entführen, obgleich er seinen Yorgänger Evergerus anklagte, der Cölner Kirche S. Cunibert
eine goldene Altartafel, Bücher und Marmorfussböden entrissen zu haben. Lacomblet, Ur-
kundenbuch, I. 218. Lersch, Niederrhein. Jahrbuch, II. p. 233,

6. Yom Annonischen Kirchenbaue besteht nur noch die Crypta. In Siegeln des 13. Jahrh.
erscheint die Kirche mit 5 Thürmen.

7. Schwaben, p. 121, nennt Hermann III. von Cöln, f 1099, und Fridrich I. von Cöln,
f 1131.

8. Unsere folgenden Abbildungen geben Alles, was von den Kunstwerken der Abtei in die
jetzige Pfarrkirche zur Zeit übertragen wurde. Wie viel mehr z. B. an Reliquiarien frü-
herhin vorhanden war, ergiebt ein Yergleich mit den beschreibenden Aufführungen in dem
1750 vom Minoriten P. Sebastianus herausgegebenen Heiligthumsbüchlein. Als verschollen
heben wir daraus hervor: 1) das schwarze silberbeschlagene Trinkhorn des h. Anno; 2) ein
silbervergoldeter Arm des h. Agapitus; 3) ein vergoldetes metallenes Haupt des h. Yitalis;
4) ein vergoldeter, mit Edelstein besetzter Kelch, dessen oberer Theil mit Crystall umge-
ben war; 5) ein grosses vergoldetes silbernes Kreuz etc. Ueber das Inventar und dessen Yer-
theilung an die umliegenden Kirchen zu Leichlingen, Ensen, B. Gladbach, Uekrath, Herm-
rath, Troisdorf, Mondorf, Blankenberg, Geistingen, Lülsdorf, Birk und Düsseldorf bei Auf-
hebung der Abtei befinden sich im k. Provinzialarchiv zu Düsseldorf verschiedene Akten-
 
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