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Aus'mWeerth, Ernst [Hrsg.]
Kunstdenkmäler des christlichen Mittelalters in den Rheinlanden (3. Band): Bildnerei — Leipzig: T. O. Weigel, 1868

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https://doi.org/10.11588/diglit.18499#0062
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58 ST. GOAR.

8T. GOAR.

Die Anfange dieser Stadt gehen zurück auf die Zelle des im siebenten Jahrhundert
hier lebenden Aquitaniers Goar, aus welcher schon in fränkischer Zeit eine Wallfahrtskirche
entstand, die, 768 geweiht, dem Kloster Prüm untergeben und von diesem mit einem ße-
nedictiner-Priorat verbunden wurde. Thassilo von Bayern trat angeblich 780 hier als Mönch
ein. Gelegentlich eines räuberischen Ueberfalles brannte 1137 die Kirche ab und fand mit
ihrem Neubau die Umwandlung des Priorats in ein regulirtes Chorherrenstift statt. 1 Die
Vögte von St. Goar, die Grafen von Katzenellenbogen, erbauten 1245 zum Schutze der
aus den Umwohnern des Klosters entstandenen befestigten Stadt2 und des Rheinzolles die
Veste Rheinfels. Philipp, der letzte Graf von Katzenellenbogen, vollzog zwischen 1441 bis
1469 den jetzigen Umbau der Stiftskirche mit Beibehaltung der frühromanischen Crypta;3
1527 wurde erstere von Philipp dem Grossmüthigen, dem Erben der früheren Grafen, den
Evangelischen übergeben. St. Goar hat durch seinen Zusammenhang mit der Burg Rhein-
feis bis zum Ende des vorigen Jahrhunderts eine Reihe der rühmlichsten Belagerungen, wie
aber auch alle Verheerungen des Krieges erfahren.

Gothiseh. 22) Unter einem Chor-Fenster der Wernerskirche: Steinrelief, darstellend das
Martyrium des heil. Werner; rohe Arbeit von 1500. Kugler, II. 274.

Oberhalb Oberwesel und im Thale der Nahe sind uns nur folgende hierhin gehörige
Gegenstände bekannt geworden: 1) In der Clemenskirche bei Bingen: Reste spätgothischer,
vor einigen Jahrzehnten aus einer andern Kirche hierhin translocirter Chorstühle mit Wap-
pen, Gesichtern und einzelnen Thierfiguren an den Consolen, Thiergestalten als Lehnreitern,
und zwei streitenden Mönchen wie zwei Bestien in runden Figuren (ähnlich wie in Boppard)
auf den mit aufgelegtem Masswerk verzierten Wangenstiicken. 2) In Kreuznach in der
katholischen Pfarrkirche hinter dem Hochaltar zwei durch eine Bretterwand verstellte
gothische Grabsteine, dann ein pomphaftes, spätgothisches, 4' hohes Reliquienkreuz von
vergoldetem Silber, dessen auf drei Löwen ruhendes Fussgestell 8" hohe, runde Figuren
in durchbrochener gothischer Architectur enthält. Vergl. Andreae Crucenacum illustr.
p. 9, 111 u. 147 und Widder, Versuch einer Beschreibung der Pfalz, 1733> t. IV. p. 43.
In der englischen frühern Liebfrauenkirche 4 eingemauerte gothische Grabsteine in g.
Fig., nämlich des 1359 gest. Bheingrafen Conrad von Stein, des 1412 gest. Amtmanns
Hermann Stumpf von Waldeck, der 1455 gest. Rheingräfin Lukardis von Eppenstein
mit ihren beiden Kindern u. eines 1452 gest. Ritters von Löwenstein; ausserhalb der
Kirche über d. ehemal. südl. Chorthüre die edle aber sehr beschädigte Halbfig. Christi u.
nebenan der mittelmässige Gräbst, eines 1492 gest. Abtes. 3) In der Kirche zu Spon-
heim: Rest frübgothischer Chorstühle; Rest romanischen Fussbodens von verschieden-
farbigen Fliessen in geometrischer Musterung gelegt aus der Uebergangszeit; einzelne in
die Aussenmauern eingelassene Relieffiguren eines Löwen, Adlers u. s. w. 4) In der
Kirche zu Heddesheim befinden sich drei zum Theil vortreffl. aber beschädigte figurirte
Gräbst, des IG. Jahrh.

1. Grebel, Geschichte der Stadt St. Goar, 1848.

2. In den Kämpfen zwischen Kaiser Philipp von Schwaben und Otto IV. wurde 1205 St.
Goar vergeblich von Werner von Bollanden belagert. Brower, Annal. Trev. II. p. 104.

3. Die Bau -Inschriften befinden sich an der ISTordseite und an dem ersten nördlichen Pfeiler
im Innern.
 
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