TRIER.
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haben;81 aber keine sclavische Nachahmung einer unselbstständigen Kunst tritt uns hier ent-
gegen, sondern eine mit frischem eigenen Gestaltungssinn die gegebenen Motive frei behan-
delnde Arbeit. So wunderbar und zierlich auch die geperlten Filigran-Netze des byzanti-
nischen Originals erscheinen mögen, die Weiterbildung derselben zu dem mit Blüthen und
Aehren vermischten Rankenwerk, z. B. an der Hinterseite unseres Kreuzes, zeigt den kräf-
tigern selbstständig gestaltenden Geist. Ebenso ist es mit den sicheren Linien der Emaillen
und den üppigen Ciseluren des Thier- und Pflanzen-Ornamentes in der Schräge des Rah-
mensj wie den meisterhaften schwungvollen Gravuren der Rückseite. Die Kreuztafel von
St. Mathias gewährt deshalb einen glänzenden künstlerischen Beleg des geistigen Aufschwunges
vom Anfang des dreizehnten Jahrhunderts, wie auch der hohen Blüthe trierer Werkstätten.8 2
2.
Reliquienkästchen von Elfenbein mit berandenden Leisten von getriebenem und vergol-
detem Kupfer in der Sakristei der Mathiaskirche. 13^" lang, 8" hoch. 13. Jahrh.83
3.
Relief im Bogenfelde des Neuthores, 6' 7" hoch.84 Der stehende Heiland erhebt
die in abendländischer Weise segnende Rechte über Petrus, dessen in der rechten Hand ge-
haltene Schlüssel die Anfangsbuchstaben seines Namens in den Barten tragen, die Linke
mit dem Evangelienbuch über den Begründer des Christenthums in Trier, den im priester-
lichen Costüm mit Sandalen, Stola, Manipeln und Pluviale bekleideten h. Eucharius, welcher
das Modell der Stadt empor hält. Alle drei Figuren hatten ehedem, wie es die Nietlöcher
erhärten, metallne Nimben ebenso der Heiland seitlich des Hauptes ein solches yd. u. w,
Petrus und Eucharius ihre Namensbeiscbriften, das Bogenfeld die Unterschrift: Sancta tre-
veris und die Umschrift: trevericam plebem Dominus benedicat et urbem. Die Darstellung
schliesst sich an die Legende an, dass Trier durch den Apostelschüler Eucharius christiani-
sirt und dem Apostel Petrus die älteste Kirche geweiht wurde, und entspricht den alten
81. Wie ja auch die Reliquie selbst in der Inschrift als Theil [derjenigen von Constantinopel
bezeichnet und also wol von dem Limburger Kreuz entnommen sein wird. Man vergl.
m. Schrift über das Limburger Reliquiar.
82 Da Heinrich von Uelmen die Mathias-Platte offenbar Angesichts der aus Constanti-
nopel mitgebrachten Kreuztafel anfertigen Hess, so liegt es doch am nächsten; Trier als
Werkstatt der Ersteren anzunehmen.
83. In der Sakristei der Mathiaskirche befindet sich noch ein zweites indess weniger reich-
verziertes ähnliches Elfenbeinkästchen. Als Curiosum sei der gothische Grabstein eines
Ritters in ganzer Figur im rechten Schiff der Mathiaskirche erwähnt, der, obgleich dem
Stil nach weder ins 13. Jahrhundert gehörig, noch dem Wappen nach von der Familie
von Uelmen stammend, doch die — offenbar später willkührlich zugefügte — Bezeichnung
eines Epitaphiums Heinrichs von Uelmen trägt. Ein handwerksmässiges Relief von 1666:
die Erweckung des h. Maternus, findet man auf dem Altar der Crypta.
84. Erzbischof Johann vollendete um 1200 die Stadtmauern sammt diesem Thore, welches
Bärscb, der Moselstrom. Trier 1841. p. 150 in das Jahr 1192 setzt. Vergl. Ladner p. 38
des Jahresber. f. n. Forsch, v. 1853.
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haben;81 aber keine sclavische Nachahmung einer unselbstständigen Kunst tritt uns hier ent-
gegen, sondern eine mit frischem eigenen Gestaltungssinn die gegebenen Motive frei behan-
delnde Arbeit. So wunderbar und zierlich auch die geperlten Filigran-Netze des byzanti-
nischen Originals erscheinen mögen, die Weiterbildung derselben zu dem mit Blüthen und
Aehren vermischten Rankenwerk, z. B. an der Hinterseite unseres Kreuzes, zeigt den kräf-
tigern selbstständig gestaltenden Geist. Ebenso ist es mit den sicheren Linien der Emaillen
und den üppigen Ciseluren des Thier- und Pflanzen-Ornamentes in der Schräge des Rah-
mensj wie den meisterhaften schwungvollen Gravuren der Rückseite. Die Kreuztafel von
St. Mathias gewährt deshalb einen glänzenden künstlerischen Beleg des geistigen Aufschwunges
vom Anfang des dreizehnten Jahrhunderts, wie auch der hohen Blüthe trierer Werkstätten.8 2
2.
Reliquienkästchen von Elfenbein mit berandenden Leisten von getriebenem und vergol-
detem Kupfer in der Sakristei der Mathiaskirche. 13^" lang, 8" hoch. 13. Jahrh.83
3.
Relief im Bogenfelde des Neuthores, 6' 7" hoch.84 Der stehende Heiland erhebt
die in abendländischer Weise segnende Rechte über Petrus, dessen in der rechten Hand ge-
haltene Schlüssel die Anfangsbuchstaben seines Namens in den Barten tragen, die Linke
mit dem Evangelienbuch über den Begründer des Christenthums in Trier, den im priester-
lichen Costüm mit Sandalen, Stola, Manipeln und Pluviale bekleideten h. Eucharius, welcher
das Modell der Stadt empor hält. Alle drei Figuren hatten ehedem, wie es die Nietlöcher
erhärten, metallne Nimben ebenso der Heiland seitlich des Hauptes ein solches yd. u. w,
Petrus und Eucharius ihre Namensbeiscbriften, das Bogenfeld die Unterschrift: Sancta tre-
veris und die Umschrift: trevericam plebem Dominus benedicat et urbem. Die Darstellung
schliesst sich an die Legende an, dass Trier durch den Apostelschüler Eucharius christiani-
sirt und dem Apostel Petrus die älteste Kirche geweiht wurde, und entspricht den alten
81. Wie ja auch die Reliquie selbst in der Inschrift als Theil [derjenigen von Constantinopel
bezeichnet und also wol von dem Limburger Kreuz entnommen sein wird. Man vergl.
m. Schrift über das Limburger Reliquiar.
82 Da Heinrich von Uelmen die Mathias-Platte offenbar Angesichts der aus Constanti-
nopel mitgebrachten Kreuztafel anfertigen Hess, so liegt es doch am nächsten; Trier als
Werkstatt der Ersteren anzunehmen.
83. In der Sakristei der Mathiaskirche befindet sich noch ein zweites indess weniger reich-
verziertes ähnliches Elfenbeinkästchen. Als Curiosum sei der gothische Grabstein eines
Ritters in ganzer Figur im rechten Schiff der Mathiaskirche erwähnt, der, obgleich dem
Stil nach weder ins 13. Jahrhundert gehörig, noch dem Wappen nach von der Familie
von Uelmen stammend, doch die — offenbar später willkührlich zugefügte — Bezeichnung
eines Epitaphiums Heinrichs von Uelmen trägt. Ein handwerksmässiges Relief von 1666:
die Erweckung des h. Maternus, findet man auf dem Altar der Crypta.
84. Erzbischof Johann vollendete um 1200 die Stadtmauern sammt diesem Thore, welches
Bärscb, der Moselstrom. Trier 1841. p. 150 in das Jahr 1192 setzt. Vergl. Ladner p. 38
des Jahresber. f. n. Forsch, v. 1853.