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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 40.1924-1925

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Esswein, Hermann: Caspar David Friedrich
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Hanfstaengl, Eberhard: Bemerkungen zu Bildern von F. Adam und C. Rottmann
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https://doi.org/10.11588/diglit.14152#0013

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gehäufe von heiliger Nüchternheit und Blick aus
folcher Stube, die ganz Seele ift. in die VN eil
hinaus, die entfeclt daliegt — vielleicht ein ge-
heimes Juwel, jetzt und heute aber ganz entwertet
und ganz fremd. Geltallen, die ftumm und ge-
laflen dem Leben entfehreiten, allem abgewandt,
und eine ewig-lebendige Ferne nicht fliehen,
nicht erfehnen, nein wiflen und leibhaft in (ich
aufnehmen. Erde. Feld, Bäume, gefehen mit dem
anmutigen, fprießenden. atmenden Senfualis-
mus des alt-ehinelifchen Künftlers, aber hier in
unlerem dualißxfchen \\ eftland, mit Schleiern
der Trauer über dem fuß lockenden Rätfei der
All-Lebendigkeit, die keine arme Scholle, keinen
kleinften Strauch auslchließt. Die Freude am
\ ielfä 11 i ge n A ielgefältelten, miniatu rej lha ft Pre-
tiöfen, aber um keiner naluraliftifchen Akribie
willen, aus keiner pedanlifchen Gel'chmäcklerei,
fondern aus der unerfchöpflichen ^ erfponneri-
heit des lieh felber olfenbar gewordenen Mikro-
kosmos, der in Geh das W under entdeckt hat,
den Tod, den ew ig zeugenden Lebensabgrund,
die endlofe Melodie ewig neuer und wieder neuer
Formungen. Der dürre Baum, der es nicht an-
ders weiß, und die Ruine, ohne Koketterie des
Pittoresken, aufrecht und Holz auch noch im
vollen unentrinnbaren Zerfall auf einem Hinter-
grund ewig-lebendigen Lichtes und in feiner
L mflutung umarmt, erw ärmt. Die einfam-ein-
famen Steine, die man in die \A elt hineinge-
fchleudert und dann vergelfen hat mitfamt den
Helden und Taten, die fie decken, wie undurch-
dringlich hart ondfühllos gewordeneMenfchen.
Und,weither überSee, ift das Reich nahe herbei-
gekommen, das Reich der Ferne, fchlummernd
im Du iilt unter den Heilen -Malten und den fauber-
gerefften Rahen, und Greifswald, die guteKlein-
biirgerftadt, glänzt über Fifchernetzen und La-
gunen mit filbernerPagode und Paläftenausedel-
ftem Geltein. Aber zu leifefter myftifcher Feier
unirdifeher Hoffnungen lallet im\ ordergrunde
die Nacht, irrt der Blick durch die Schreck-
nilfe windfehief-verzerrten Geftänges.
Zuletzt, damit wir die \\ elt Friedrichs noch
einmal ganz fehen: die Friedhofspforle. Da ift
das unerbittliche Tor aus Eilen und Stein, die
Pfoften gekrönt von Schalen des Opfers, und,
über dem Durchgang fchwebend, ein dünner,
nichtiger Kranz. Jenfeits aber tut fich Licht auf
über denGräbern, und der Tod erwärmt und die

(chwarze \ ermummung will linken--

Lefen wir das Weltlichere, die Beziehungen
Friedrichs zurZeitkunft und zu den Vergangen-

heiten Ruisdael und Claude Lorrain und man-
ches andere im Buche AA .\\ olfradts felber nach.
Ich habe den Ergebniskern feiner forgfältigen
pfychoanalytifchen Durchdringung diefes Ein-
zigften hier frei nachgedichtet nach Kraft und
Recht des eigenen Erlebens, das mitzuerleben
uns die Abbildungen einladen. Daß viele lieh
hinlinden werden zum Letzten und Tiefften
dieles mildltrengen Priefters der Abkehr vom
Leben, ift unwahrfcheinlich und nicht einmal
wünschenswert Auch in dem hellften Jubel des
Fleilches und in den rofigften und goldenfteii
Girlanden des Rokoko ift die ganze Heiligkeit
der Kunft, ihr ganzer Auffchwung, ihr unge-
teilter Lbereinklang mit dem. was über Fleifch
und Geilt ift, über Zeit und Ewigkeit.

Hermann Eßwein

BEMERKUNGEN ZU BILDERN VON
F. ADAM UND C. ROTTMANN

Im Maiheft dieferZeitfchrift war in dem Auffatz
über die erfte Jubiläums-Ausftellung des Mün-
chner Kunftvereins ein Bild ,,Napoleon I. auf dem
Schlachtfeld'' abgebildet und Heinrich Bi'ukel
zugefchrieben.

Die Skizze ftammt aber von Franz Adam. Meine
Zweifel an der Urheberfchaft Bürkels finden
durch eine zufällige Beobachtung ihre Betäti-
gung: auf dem bekannten Bild ,.Im Atelier" von
Franz Adam, das ihn mit feinen Brüdern Benno
und Eugen darfteilt und das auf der gleichen
Ausftellung zu fehen war, erkennt man in dem
auf einer Staffelei aufgehellten Gemälde unfehw er
das obengenannte Bild. — Das Juniheft brachte
einen Aufiatz über Karl Rottmann mit der Abbil-
dung einer Gebirgslandfchaft „Einfame Föhre'".
Ich hege ernfte Bedenken, dies überrafchendeßild
Rottmann zuzufchreiben, denn an keiner Stelle
im Lebenswerk des Künftlers läßt es fich einiger-
maßen befriedigend unterbringen. Der „Eibfee"
der Neuen Pinakothek müßte ungefähr gleichzei-
tigfein. Eine fo heterogene Landfchaftsauffaffung
ift ganz unglaubwürdig. Zudem ift gerade bei
Rottmann die ftiliftifche Struktur fchon in feiner
Fiühzeit ausgefprochen und unverkennbar. Da-
rum kann auch dieabgebildete A nficht von Heidel-
berg mit der Vordergrundftaffage ( ausgeftellt in
der I. Jubiläums-Ausftellung des Kunftvereins)
keinesfalls fürBottmann in Anfpruch genommen
werden. Das Bild „Heidelberg und die Rhein-
ebene'* gibt ja über feine Naturanfchauung und
die bildmäßige Formung diefer Zeit klaren Auf-
fchluß. Das beftrittene Bild ftammt zweifellos
von einem Künftler der Mannheimer Schule.

E. Hanfltaengl

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