Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 40.1924-1925

DOI Artikel:
Zur Frühjahrsausstellung des Hannoverschen Kunstvereins
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14152#0283

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
ZUR FRÜHJAHRSAUSSTELLUNG DES HANNOVERSCHEN KUNSTVEREINS

Als es mit fürstlicher Kimstpflege großen
XJL Stiles zu Ende ging, als das Bürgertum
sich nach idealen Aufgaben zur Betätigung sei-
ner jungen freigewordenen Kräfte umsah, ent-
standen die Kunstvereine. In Bremen und
München hat man in den vergangenen Jahren
ihr hundertjähriges Bestehen gefeiert; Hanno-
ver ist nicht mehr weit von dieser ehrwürdigen
Zahl entfernt. Die Geschichte des Vereins mit
seinen 7000 Mitgliedern, die über die ganze
Provinz zerstreut noch heute durch ihn die Füh-
lung mit der lebenden Kunst aufrecht erhalten
wollen, beweist, daß er eine wichtige Aufgabe ge-
habt hat und heute noch hat. Macht verpflichtet.
Wenn der Verein seine traditionelle Macht und
sein Ansehen als Mittler zwischen Kunst und
Volk gut und ausgiebig gebraucht, wird er auch
heute noch eine bedeutungsvolle Kulturmission
erfüllen und seine Daseinsberechtigung erwei-
sen. Dazu bedarf es aber eines klaren Zieles,
einer Ausslellungstätigkeit, die mit klarem Wil-
len das Bestmögliche zu erreichen sucht.
Wollte man sich auf die wirtschaftlichen In-
teressen der Künstler allein einstellen, so hätte
jeder das gleiche Recht auszustellen; denn jeder
will leben. Aber wie sollte auf solchem Wege
eine Ausstellung Zustandekommen, die mehr
ist als eine verwirrende ungegliederte Masse?
Es muß also zum mindesten die strenge Jury
vorhanden sein, die Dillelantisches und Minder-
wertiges fernhält. Die Ausstellungsleitung sollte
sich noch mehr als jetzt bemühen, ihr Ausstel-
lt! ngsniveau von vornherein durch Einladung
eines Stammes von Künstlern und solchen Wer-
ken, die sie für besonders wesentlich hält, zu
sichern. Da eine Allerweltsausstellung doch
Utopie bleiben müßte, ist es nachdrücklich zu
begrüßen, daß der Hannoversche Kunstverein
sich mit Vorliebe für die Künstler des eigenen
Landes einsetzt, denn tatsächlich ist ein großer
Teil der besten der ausgestellten Werke aus der
Hand nord westdeutscher Künstler hervorgegan-
gen. Darum ist nichts natürlicher als eine solche
Zusammenarbeit des Kunstvereins mit seinen
heimischen Korporalionen, die ja zum Teil auch

ein sehr weites Umfassungsgebiet haben wie die
Vereinigung nordwestdeutscher Künstler, die
neuerdings ihren Sitz in Hannover hat und die
seit zwanzig Jahren überall, wo sie mit Ausstel-
lungen an die Öffentlichkeit getreten ist, in Ehren
bestehen könnte. Das Land von Ofdenburg über
die drei Hansastädte und südlich bis Hannover
und ßraunschweig besitzt zwar keine Akademie,
kein Kunstzentrum, aber doch wertvolle und be-
deutende Künstler in großer Zahl, die, zerstreut
über das Land hin und auf sich gestellt, nach
einer Heimstätte suchen, wie sie ihnen jetzt der
Kunstverein geboten hat. Schon auf solchem
Wege zeigt sicli die Möglichkeit, die nieder-
drückende wahllose Massendarbietung zu ver-
meiden, und doch auch nicht in das Gegenteil
zu verfallen, in die stark einseitige, nur einigen
wenigen Künstlern und einem sein- kleinen Kreis
von Freunden zugute kommende Ausstellungs-
sveise. W ir sehen es der jetzigen Ausstellung
an, daß sie den Weg aus der Masse zur Quali-
tät gefunden hat, und gerade deshalb, weil hier
ein vielversprechender guter Anfang gemacht
ist, wird es nötig sein, sich zu ihm zu bekennen,
damit der Ffug nicht vorzeitig erlahmt. Die ge-
samten Räume bilden durch die geradezu ver-
schwenderische, vornehme Art des Hängens —
keine Wand überfüllt, kein Werk das seinen
Nachbarn beeinträchtigt — ein überaus har-
monisches Ganzes. Die kühle Wirkung der
Zeichnungen und Aquarelle des Eingangsraums
steigert sich in den Hau ptsälen zu ernster Strenge.
Besonders in dem Saale, wo Gral Kalchreuth und
Ulrich Hübner vertreten sind, bis zur spritzen-
den Farbenfreude in dem Saale der Blumen-
stilleben und gibt überall ein schönes dekoratives
Zusammenklingen der Werke.
Das ist so wohl überlegt und glücklich gelöst.
wie man es bei den großen Ausstellungen der
fetzten Jahre selten und im alten Hannoverschen
Kunstverein in früheren Jalnen bestimmt nicht
zu seilen bekam, und das bedeutet einen Gewinn,
der nicht wieder verloren gehen darf.
Nun die ausgestellten Werke selber: Es felifen
leider einige der großen Namen. Bei Lieber-
 
Annotationen